Umqualifizierung von Einkünften und Vermögen bei sog. grenzüberschreitender Betriebsaufspaltung
Ein fundamentales Konzept des deutschen Rechts ist die unterschiedliche Besteuerung von gewerblichen Tätigkeiten (Gewerbebetrieb) und der Verwaltung eigenen Vermögens. Einkünfte aus Gewerbebetrieb unterliegen neben der Einkommensteuer (14 – 45 %) bzw. Körperschaftsteuer (15 %) auch der Gewerbesteuer (in Abhängigkeit vom sog. Hebesatz der Gemeinden zwischen 13 % und 17,5 %), so dass auch Wertsteigerungen von Vermögensgegenständen, die einer gewerblichen Tätigkeit gewidmet werden (sog. steuerliches Betriebsvermögen), bei Veräußerung bzw. veräußerungsgleichen Tatbeständen (z.B. Tausch, Einbringung) grundsätzlich stets besteuert werden. Einkünfte aus Vermögensverwaltung natürlicher Personen oder von Körperschaftssteuersubjekten, die nicht kraft gesetzlicher Fiktion stets Einkünfte aus Gewerbebetrieb erwirtschaften (z.B. bestimmte Stiftungen), unterliegen demgegenüber nicht der Gewerbesteuer. Im Rahmen rein vermögensverwaltender Tätigkeiten werden Wertsteigerungen von Vermögensgegenständen (als sog. steuerliches Privatvermögen) bei Veräußerung oder veräußerungsgleichen Tatbeständen nicht oder nur unter eingeschränkten Voraussetzungen besteuert. So ist etwa die Veräußerung von im steuerlichen Privatvermögen gehaltenen Immobilien durch natürliche Personen gar nicht steuerbar (im Fall Eigennutzung) oder wird (z.B. bei vermieteten Immobilien) nur bei Erwerb und Veräußerung innerhalb von 10 Jahren besteuert.
Liegen allerdings die Voraussetzungen des durch die Rechtsprechung entwickelten Rechtsinstituts der sog. Betriebsaufspaltung vor, werden Einkünfte aus vermögensverwaltender Tätigkeit in solche aus Gewerbebetrieb und das hierbei genutzte Vermögen in steuerliches Betriebsvermögen umqualifiziert. Dies ist der Fall, wenn (a) ein Unternehmen (Besitzunternehmen) eine wesentliche Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Personen- oder Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) miet-, pacht- oder leihweise zur Nutzung überlässt (sachliche Verflechtung) und (b) eine Person oder mehrere Personen zusammen sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung). Typischer Weise liegt eine Betriebsaufspaltung vor, wenn z. B. Gesellschafter einer Personengesellschaft eine personenidentische Betriebs-GmbH gründen und dieser betriebsnotwendiges Anlagevermögen verpachten (z.B. Verpachtung von Hotelimmobilien an eine Hotelbetriebsgesellschaft). Unabhängig von dieser Beurteilung bleiben aber beide Unternehmen sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich selbstständige Unternehmen.
In einem jüngst veröffentlichten Urteil hat der Bundesfinanzhof nun erstmalig entschieden, dass die vorgenannten Grundsätze auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten gelten (BFH I R 72/16 vom 17.11.2020), so dass internationale Investments daraufhin untersucht werden sollten, ob und welche Folgen sich aus dieser neuen Rechtsprechung ergeben.