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Überlange Verfahrensdauer auf europäischer Ebene

31/01/2017
| Anja Hartmann
Überlange Verfahrensdauer auf europäischer Ebene

Mit Urteil vom 10.01.2017 sprach das Gericht der Europäischen Union (EuG) erstmals klagenden Unternehmen Schadensersatz wegen überlanger Verfahrensdauer zu. Auch wenn Statistiken zeigen, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer im Rahmen der EU-Gerichtsbarkeit stetig sinkt, ist die Entscheidung des EuG sehr zu begrüßen. So lag im Jahr 2015 die durchschnittliche Dauer eines Verfahrens vor dem EuG immerhin bei 20,6 Monaten.

Des Weiteren ist die Etablierung eines zügigeren Verfahrensverlaufs auch im Zusammenspiel der EU-Institutionen dringend geboten.

So hatte die EU-Kommission bereits im Jahre 2007 ein formelles Prüfungsverfahren zu der Frage eingeleitet, ob eine Regelung des spanischen Körperschaftsteuergesetzes eine selektive Beihilfe im Sinne von Art. 107 I AEUV darstellt.

Konkret geht es um Art. 12 Abs. 5 des spanischen Körperschaftsteuergesetzes a.F.: Wenn ein spanischer Konzern eine ausländische Unternehmensbeteiligung in Höhe von mindestens 5 % ankauft und diese für mindestens ein Jahr in seinem Vermögen belässt, wird dem Unternehmen ein Steuervorteil gewährt. Denn der aus dem Rechtsgeschäft resultierende Firmenwert senkt die für die Körperschaftssteuer maßgebliche Bemessungsgrundlage, indem eine Abschreibung vorgenommen wird.

Die Selektivität bejahenden Entscheidungen der Kommission erklärte das EuG im Jahre 2014 für nichtig. Es liege keine Selektivität vor, da die Kommission nicht herausarbeiten konnte, dass die Norm eine fest abgrenzbare Gruppe von Unternehmen im Vergleich zu anderen besser stelle.

Der EuGH entschied nun Ende 2016, dass das EuG den Begriff der Selektivität im Sinne des Art. 107 I AEUV fehlerhaft ausgelegt hat. Demnach ist für die Voraussetzung der Selektivität allein entscheidend, ob der Ungleichbehandlung ein diskriminierender Charakter innewohnt. Es muss gerade nicht eine konkret bevorzugte Gruppe von Unternehmen herausgefiltert werden können. Das EuG hat nun erneut über die Selektivität des Art. 12 Abs. 5 a.F. zu entscheiden.

Der langwierige Verlauf des bereits 2007 begonnenen Verfahrens ist damit beispielgebend für die Fälle, welche es künftig zu verhindern gilt.

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