Steuerliche Folgen der Änderung der sog. Funktionsverlagerungsverordnung
Am 18.10.2022 wurde die Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes (AStG) in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen (Funktionsverlagerungsverordnung – FVerlV) neu gefasst und an die in 2015 geänderten gesetzlichen Vorschriften von § 1 Abs. 3b AStG angepasst.
Nach der offiziellen Begründung des Verordnungsgebers sollten hiermit die bestehenden Regelungen zur Besteuerung der Verlagerung von in Deutschland geschaffenem Gewinnpotential in das Ausland nicht geändert werden, die sachlich die durch Nutzung der inländischen Infrastruktur entstandenen Wertschöpfungen kompensieren sowie einen Ausgleich für die steuerliche Abzugsfähigkeit der damit verbundenen Aufwendungen in Deutschland und das nach Verlagerung fehlende Besteuerungsrecht schaffen sollen. Bei genauerer Betrachtung enthalten die neuen Vorschriften jedoch Verschärfungen zu Lasten der hiervon betroffenen Unternehmen, die letztlich dadurch motiviert sind das -nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung- bestehende Vollzugsdefizit bei der Besteuerung der Verlagerung von bislang nicht bilanzierten, weil selbst geschaffenen, immateriellen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, insbesondere von geschäftswertbildenden Faktoren wie Kundenstamm und Know How, in das Ausland, zu beseitigen.
Mit Einführung einer Anzeigepflicht zum 01.02.2020 von grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen in § 138e Abs. 2 Nr. 4 Buchst. c) der Abgabenordnung (AO) wurde ein wichtiger Schritt zur besseren Erkennbarkeit und Prüfbarkeit von Funktionsverlagerungen durch die deutsche Finanzverwaltung unternommen, nun wurden die materiellen Regelungen zur Besteuerung von Funktionsverlagerungen nachjustiert:
- In § 1 Abs. 2 FVerlV wurde der Begriff der Funktionsverlagerung im Sinne von § 1 Absatz 3b AStG neu definiert und inhaltlich um die ganz oder teilweise Überlassung von Funktionen (z.B. über Lizenzverträge) erweitert.
- In mehreren wichtigen Aspekten wurde die Darlegungs- und Beweislast ausdrücklich auf die betroffenen Unternehmen verlagert: (a) Nachweis des Vorliegens einer nicht besteuerten sog. Funktionsverdoppelung (§ 1 Abs. 5 Satz 2 FVerlV); (b) Nachweis der zeitlichen Beschränkung des sog. Kapitalisierungszeitraums für die übertragene Funktion (§ 5 FVerlV).
- In die Bestimmung des Werts des der Besteuerung unterliegenden sog. Transferpaktes (§ 2 FVerlV) sind nun ausdrücklich auch Steuereffekte einzubeziehen, so dass bei der Bestimmung der Preisuntergrenze eine in Deutschland anfallende Exit Tax und bei der Bestimmung der Preisobergrenze ein nach den Regelungen des Empfängerstaats gegebenenfalls bestehender Steuervorteil aus der Aktivierung und steuerwirksamen Abschreibung des Transferpaketes zu berücksichtigen sind (sog. Tax Amortisation Benefit aus Step-up).
Es ist davon auszugehen, dass das Bundesfinanzministerium (BMF) nun auch die sog. Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung (BMF-Schreiben vom 13.10.2010, IV B 5-S 1341/08/10003) aktualisieren wird, abzuwarten bleibt, ob sich hieraus weitere Belastungen für betroffene Unternehmen ergeben.