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Steuerliche Anerkennung inkongruenter Gewinnverteilung und –verwendung bei Kapitalgesellschaften

28/02/2022
| Frank Behrenz
Steuerliche Anerkennung inkongruenter Gewinnverteilung und –verwendung bei Kapitalgesellschaften

Anders als bei Personengesellschaften (wie z.B. GmbH & Co. KG) hängt die Besteuerung des Gesellschafters bei Beteiligung an Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH) von der Frage ab, wann dieser aus steuerlicher Sicht eine Dividende bezogen hat. Bei Gesellschaftern, die Ihre Beteiligung im steuerlichen Privatvermögen halten, ist dies grundsätzlich bei Zufluss (in Geld oder anderer Form wie z.B. als Gutschrift auf einem Gesellschafterverrechnungskonto) der Fall, Gesellschafter, die Ihre Beteiligung im steuerlichen Betriebsvermögen halten (z.B. Kapitalgesellschaften) haben die Dividende bereits im Zeitpunkt des Entstehens des Gewinnbezugsrechts ergebniswirksam zu aktivieren.

Bei beherrschenden Gesellschaftern gilt die Dividende nach ständiger Rechtsprechung auch bei Beteiligung im steuerlichen Privatvermögen als im Moment des Gewinnverteilungsbeschlusses zugeflossen, so dass der Gesellschafter diese selbst dann zu versteuern hat, und von der Gesellschaft Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen ist, wenn der ursprüngliche Gewinnverteilungsbeschluss vor Auszahlung rückgängig gemacht wird, wobei es hierbei nicht darauf ankommt, ob die Beteiligungsgesellschaft im In- oder im Ausland ansässig ist (vgl. hierzu FG Münster vom 17.01.2020, 4 K 1526/16 E).

Die Höhe der Gewinnbeteiligung ergibt sich bei GmbHs grundsätzlich aus dem Gesellschaftsvertrag, der regelmäßig eine Verteilung nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile vorsieht, die Gesellschafter können jedoch auch einen anderen Verteilungsmaßstab festlegen (§ 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG). Dementsprechend geht der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auch vom Beteiligungsverhältnis abweichende (sog. inkongruente) Gewinnausschüttungen steuerlich anzuerkennen sind, wenn diese zivilrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen sind. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Münster (Urteil vom 06.05.2020, 9 K 3359/18 E AO) reicht hierfür – entgegen der Auffassung des Bundesfinanzministeriums (BMF vom 17.12.2013, IV C 2 - S 2750-a/11/10001) auch eine sog. Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag aus. Ob auch ohne eine Regelung in der Satzung ein unter Zustimmung aller Gesellschafter zustande gekommener Beschluss über eine inkongruente Gewinnverteilung steuerlich anzuerkennen ist, wird der Bundesfinanzhof in einem aktuell laufenden Revisionsverfahren (BFH VIII R 20/20) zu entscheiden haben.

Jüngst geklärt wurde demgegenüber allerdings, dass ein zivilrechtlich wirksamer Gesellschafterbeschluss, nach dem die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden, der auf den Mehrheitsgesellschafter gemäß seiner Beteiligung entfallende Anteil am Gewinn hingegen nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird (sog. gespaltene bzw. inkongruente Gewinnverwendung), auch steuerlich anzuerkennen ist und eine solche Einstellung in die gesellschafterbezogene Gewinnrücklage auch beim beherrschenden Gesellschafter nicht zum Zufluss von Kapitalerträgen führt (BFH vom 28.09.2021, VII R 25/19).

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