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Spezialkammern für Wirtschaftsrecht in NRW — Alternative zu privaten Schiedsgerichten?

28/02/2022
| Dr. Thomas Rinne, Lidia Minaya Moreno
Spezialkammern für Wirtschaftsrecht in NRW — Alternative zu privaten Schiedsgerichten?

Aufgrund der wachsenden Bedeutung des Wirtschaftsrechtes hat sich Nordrhein-Westfalen im letzten Jahr entschlossen, besondere Spruchkörper für bestimmte Wirtschaftssachen zu schaffen und die Gerichte hierfür durch Kompetenz und Sachmittel zu unterstützen. Diese Initiative nennt sich „QualityLaw“ und ist am 1.1.2022 in Kraft getreten. Damit soll einerseits der Rechtsstaat durch schnellere und bessere Verfahren gestärkt werden und gleichzeitig wird dies als ein Alternativangebot zur Schiedsgerichtsbarkeit gesehen.

Die Spezialkammern sind an einigen Gerichtsstandorten konzentriert: am Landgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf für Streitigkeiten im Bereich des M&A mit einem Streitwert ab 500.000€, für IT und Medientechnik am LG und OLG Köln und für Erneuerbare Energien bei den LG Bielefeld und Essen sowie beim OLG Hamm (jeweils ab 100.000€ Streitwert).

Die Besonderheiten an diesen Standorten ist, dass die Verfahren mit modernster Technik abgehalten werden können. So sind Verhandlungen per Videokonferenz an diesen Gerichten eine Selbstverständlichkeit. Die Richter und Richterinnen sind für die entsprechenden Themengebieten besonders versiert. Der M&A-Standort Düsseldorf stellt dabei vorbereitende Erörterungen zum Verfahrensablauf in Aussicht. Dadurch sollen auch komplexe und sonst langwierige Verfahren zeitlich gestrafft werden können. So werden Verhandlungen und Beweisaufnahmen an mehreren Tagen in Folge möglich, dies bietet den Vorteil, dass der Reiseaufwand für die Parteien und ihre Anwälte minimiert werden kann und der Ablauf der Verfahren dadurch gestrafft wird. Ebenso ist die Verhandlung und das Einreichen von Dokumenten auf Englisch möglich. Für Verhandlungspausen stehen besondere Besprechungsräume zur Verfügung.

Die besonderen Zuständigkeiten sind für Unternehmen interessant und können durch eine Gerichtsstandvereinbarung gewählt werden. Dies hat zur Folge, dass entsprechende Spezialkompetenzen gebündelt und gleichzeitig die entsprechenden Gerichtsstandorte als Wirtschaftsstandorte etabliert werden können. Es soll somit an den Erfolg des Prozessstandortes Düsseldorf für internationale Patentstreitigkeiten angeknüpft werden.

Anders als vor den Schiedsgerichten ist jedoch der Ausschluss der Öffentlichkeit vor den Spezialkammern der staatlichen Gerichte nicht möglich. Für viele ist dies immer noch einer der wesentlichen Beweggründe, eine Schiedsgerichtsvereinbarung zu treffen.

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