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Spätehenklausel – Gleichbehandlung in der Hinterbliebenenversorgung

30/11/2015
| Birte Gerster
Spätehenklausel – Gleichbehandlung in der Hinterbliebenenversorgung

Im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung wurde den Mitarbeitern eines Unternehmens eine Witwen/Witwer-Rente zugesagt. Diese Pensions-regelung enthielt eine „Spätehenklausel“, was eine zusätzliche Vorausset-zung, bzw. eine Beschränkung für die Zahlung der Hinterbliebenenversor-gung darstellt. Diese Klausel bestimmt, dass der versorgungsberechtigte Mitarbeiter seine Ehe vor Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen haben muss, um in den Genuss der Hinterbliebenenversorgung zu gelan-gen. „Spätehen“ waren somit von der Hinterbliebenenversorgung ausge-schlossen. Hiergegen klagte die Witwe eines verstorbenen Mitarbeiters, weil das Unternehmen sich weigerte, der Klägerin eine Witwenrente zu zahlen, mit der Begründung, dass der Mitarbeiter bei Eheschließung bereits 61 Jahre alt war und damit eine „Spätehe“ vorläge.


Das Bundesarbeitsgericht hat der Klägerin in Berufungsinstanz am 4. August 2015 stattgegeben und befunden, dass eine Spätehenklausel, die einem Arbeitnehmer Hinterbliebenenversorgung für seinen Ehegatten nur für den Fall zusagt, dass die Ehe vor Vollendung des 60. Lebensjahres geschlossen ist, den Arbeitnehmer unzulässig wegen des Alters benachteiligt (BAG 3 AZR 137/13). Die Spätehenklausel ist gemäß §7 Abs.2 AGG unwirksam, weil der verstorbene Ehemann unmittelbar wegen seines Alters benachteiligt wurde. Eine unmittelbare Benachteiligung ist gegeben, wenn eine Person eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation und dies nicht gerechtfertigt werden kann. Die durch die Spätehenklausel bewirkte Ungleichbehandlung konnte auch nicht durch die Anwendung von §10 AGG sachlich gerechtfertigt werden, weil diese Bestimmung gerade nicht auf die Hinterbliebenenversorgung anwendbar ist, auch nicht analog. Der §10 AGG dient der Umsetzung der europäischen Richtlinie 2000/78/EG zur Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Das Unternehmen wurde verurteilt, der Klägerin lebenslang eine monatliche Witwenrente zu zahlen.

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