Nicht genommener Urlaub ist vererbbar – das Bundesarbeitsgericht schließt sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an
Der sogenannte Urlaubsabgeltungsanspruch - der Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub- geht mit dem Tod des Arbeitnehmers auf seine Erben über. Mit Urteil vom 22.01.2019 (Az. 9 AZR 45/19) hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) damit der Auffassung des EuGH angeschlossen, nach der das Unionsrecht den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub als Vermögenswert (neben dem Erholungsaspekt) betrachtet, der auch im Wege der Erbfolge übergeht, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem Tod des Arbeitnehmers erloschen ist.
Bisher hatte das BAG in seiner Rechtsprechung als Voraussetzung für die Vererbbarkeit des Abgeltungsanspruchs angenommen, dass der Arbeitnehmer das Ende des Arbeitsverhältnisses erlebt hat und der Anspruch somit unmittelbar bei ihm entstanden ist. Dieser Auslegung hat der EuGH mit seinem Urteil vom 06.11.2018 (Az. C-569/16 und C-570/16) auf die Vorlage des BAG im oben genannten Verfahren einen Riegel vorgeschoben. Es lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Witwe eines Arbeitnehmers, der bis zu seinem Tod im Jahr 2010 im öffentlichen Dienst der Stadt Wuppertal beschäftigt gewesen war, machte nach dessen Tod gegenüber der Stadt einen Betrag in Höhe von 5.857,75 Euro brutto zur Abgeltung von 25 Tagen bezahlten Jahresurlaubs geltend, die ihr Ehemann vor seinem Tod nicht genommen hatte.
Das BAG entschied sich nun dafür, der Klägerin in richtlinienkonformer Anwendung des Bundesurlaubsgesetzes den eingeklagten Abgeltungsanspruch anzuerkennen. Der Vergütungsanspruch umfasst demnach nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen (ausgehend von einer Sechs-Tage-Woche), sondern auch den Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen sowie im konkreten Fall den tarifvertraglich anerkannten Mehrurlaub nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst.