Neuer Anlauf für Internationale Kammern für Handelssachen
Nachdem einzelne Bundesländer bereits Internationale Kammern für Handelssachen eingeführt haben, hat die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem die Zivilprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz dergestalt geändert werden sollen, dass nicht nur Commercial Chambers (bei den Landgerichten) sondern auch Commercial Courts (bei den Oberlandesgerichten) eingerichtet werden können. Im Unterschied zu der aktuellen Gesetzeslage wird dies bedeuten, dass Verfahren auf Wunsch der Parteien durchgehend von der ersten bis zur letzten Instanz in englischer Sprache geführt werden können. Hierdurch soll das Angebot der deutschen Justiz für internationale Wirtschaftsstreitigkeiten attraktiver gemacht werden; es soll hierdurch eine echte Alternative zu privaten Schiedsgerichten angeboten werden. In der vergangenen Legislaturperiode war ein entsprechendes Vorhaben nicht zum Ende gekommen.
Der Gesetzentwurf geht deutlich über die bisher schon an einigen Landgerichten (z.B. Frankfurt/Main) eingerichteten Kammern für Internationale Handelssachen hinaus. Er sieht auch vor, dass für große Wirtschaftsstreitigkeiten (Streitwert von mehr als € 1 Million) Commercial Courts an Oberlandesgerichten als erstinstanzliche Spezialkammern eingerichtet werden können. Dies wäre tatsächlich ein Novum. Gegen Entscheidungen dieser Kammern soll dann auch immer die Revision zum Bundesgerichtshof zulässig sein.
Voraussetzung für die Anrufung der Commercial Chambers bzw. Commercial Courts ist eine Vereinbarung der Prozessparteien. Denn keine Partei kann dazu gezwungen werden, in ein englischsprachiges Verfahren gezogen zu werden. Eine Gerichtsstandsvereinbarung für die Commercial Chambers oder Commercial Courts kann bereits im ursprünglichen Vertrag (beispielsweise im Unternehmenskaufvertrag, Kooperationsvereinbarung, Liefervertrag) geschlossen werden oder zu jedem späteren Zeitpunkt. Außerdem werden nach dem Entwurf Vorkehrungen dafür getroffen, dass Geschäftsgeheimnisse im Verfahren von Anbeginn vertraulich behandelt werden. So soll dieses Verfahren möglichst den privaten Schiedsverfahren angenähert werden. Wenn Dritte in ein streitiges Verfahren einbezogen werden sollen (beispielsweise durch Streitverkündung), können diese auf Hinzuziehung eines Dolmetschers bestehen.
In der Zukunft werden also mehr Möglichkeiten als bisher für Gerichtsstandsvereinbarungen offenstehen und an die Möglichkeit, dabei eine Commercial Chamber oder einen Commercial Court zu benennen, sollte bei jedem internationalen Vertragsschluss gedacht werden. Noch bedarf es allerdings des erfolgreichen Abschlusses des Gesetzgebungsverfahrens.