Neuer Anlauf: Englisch als Gerichtssprache
Bereits im Jahre 2010 hatten die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hamburg einen ersten Anlauf für ein Gesetz zur Einführung von Kammern für Internationale Handelssachen unternommen. Dieser Gesetzentwurf ist in der letzten Legislaturperiode nicht verabschiedet worden, obwohl sich eine Anhörung von Sachverständigen dazu grundsätzlich positiv geäußert hatte. Nun hat der Bundesrat mit einem neuen Gesetzentwurf einen weiteren Anlauf unternommen. Es geht darum, dass Gerichtsverfahren in Wirtschaftsprozessen in Zukunft in englischer Sprache geführt werden dürfen.
Bisher bedeutet die Gerichtssprache Deutsch einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für den Justizstandort Deutschland. Häufig werden deshalb entweder Schiedsgerichte als Alternative gewählt; denn neben der Schiedsordnung und dem Schiedsort kann auch die Verfahrenssprache von den Parteien frei gewählt werden. Oder es wird ein Gericht in einem englischsprachigen Land angesteuert, z.B. in London. Vor dem Hintergrund, dass Großbritannien die Europäische Union verlassen wird, ist es äußerst zweifelhaft, ob ein Gerichtsstand London für Unternehmen, die dort gar nicht ansässig sind, wirklich noch zweckmäßig ist. Angesichts der Tatsache, dass die Verordnungen über die justizielle Zusammenarbeit innerhalb der EU für Großbritannien demnächst nicht mehr wie heute bekannt gelten werden, ist von solchen Lösungen abzuraten.
Es bleibt zu hoffen, dass sich der neue Gesetzentwurf des Bundesrates nun gegenüber den Skeptikern durchsetzen wird. Bedenken hatte es zuletzt insbesondere im Hinblick darauf gegeben, das der verfassungsmäßige Grundsatz der Öffentlichkeit nicht gewahrt sei, weil nicht alle Zuhörer der englischen Sprache mächtig sein werden. Zum anderen sind Zweifel daran laut geworden, ob es an allen Gerichten ausreichend in der englischen Fachsprache vorgebildete Richter und Justizpersonal geben würde. Es bleibt zu hoffen, dass diese Bedenken nicht wieder dazu führen, dass der Gesetzentwurf einfach liegen bleibt.