M&A-Transaktionen und Insolvenzanfechtung
Das deutsche Insolvenzrecht bestimmt mehrere Fallgruppen, in denen eine nachträgliche Anfechtung eines Rechtsgeschäfts durch den Insolvenzverwalter im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zulässig ist. Hiervon können auch M&A-Transaktionen betroffen sein. Die erheblich nachteiligen Folgen einer solchen Insolvenzanfechtung sollen anhand der folgenden Fallbeispiele verdeutlicht werden, wobei diese auch in anderen Konstellationen maßgeblich sein kann.
Fallbeispiel 1: Der Alleingesellschafter G hat seiner Tochtergesellschaft T ein Darlehen in Höhe von 1 Mio. Euro gewährt. G möchte alle seine Geschäftsanteile an T verkaufen. Unmittelbar vor der Übertragung der Geschäftsanteile zahlt T das Darlehen an G vollständig zurück. Zehn Monate später wird Insolvenzantrag über das Vermögen der T gestellt. Das Insolvenzverfahren wird antragsgemäß eröffnet.
Fallbeispiel 2: T ist in einen Cash-Pool unter Führung von G eingebunden. G möchte alle Geschäftsanteile an T verkaufen. Der Cash-Pool-Vertrag zwischen G und T wird vor Übertragung der Geschäftsanteile auf den Käufer K beendet. Zu diesem Zeitpunkt ist das Cash-Pool-Verrechnungskonto von T ausgeglichen. Drei Monate davor hat auf dem Verrechnungskonto noch ein Guthaben zugunsten von G in Höhe von 1 Mio. Euro bestanden, welches T vollständig ausgeglichen hat. Sechs Monate nach der Anteilsübertragung wird Insolvenzantrag über das Vermögen der Tochtergesellschaft gestellt. Das Insolvenzverfahren wird antragsgemäß eröffnet.
In beiden Fallbeispielen hat vor Übertragung der Geschäftsanteile der T auf K ein Gesellschafterdarlehen bestanden. Insolvenzrechtlich sind solche Gesellschafterdarlehen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig zu behandeln. Ergänzend ist gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO eine Rechtshandlung zur Befriedigung der Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO anfechtbar, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Weitere Voraussetzung ist lediglich die Benachteiligung der übrigen Gläubiger von T. Eine solche wird regelmäßig gegeben sein.
Im Fallbeispiel 1 hat G innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Insolvenzantrag von T Befriedigung für seine Forderung auf Rückzahlung seines Gesellschafterdarlehens erhalten. Der Umstand, dass G die Geschäftsanteile an T im Anschluss an die Rückzahlung veräußert hat, ändert hieran nichts. Auch im Fallbeispiel 2 kann der Insolvenzverwalter von G die Zahlung von 1 Mio. Euro geltend machen. Denn der vor der Geschäftsanteilsübertragung erfolgte Ausgleich des Saldos auf dem Cash-Pool-Verrechnungskonto ist als Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Insolvenzantrag zu qualifizieren ist.
Die Fallbeispiele machen deutlich, dass bei einem Unternehmensverkauf auf eine mögliche spätere Insolvenzanfechtung besonders zu achten ist. Ziel sollte sein, die Transaktion so zu strukturieren, dass eine solche Anfechtung (möglichst) ausgeschlossen ist.