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Liefertermin „freibleibend“ – Ist das zulässig?

30/11/2022
| Dr. Thomas Rinne, Johannes Brand, LL.M.
Liefertermin „freibleibend“ – Ist das zulässig?

Immer noch sind Lieferketten unterbrochen. Händler, Wiederverkäufer und auch produzierendes Gewerbe wollen sich dagegen schützen und flexiblere Lieferzeiten vereinbaren. Verlockend scheint es – zumindest auf den ersten Blick – den Liefertermin einfach als „freibleibend“ oder „unverbindlich“ in Angeboten und Auftragsbestätigungen zu bezeichnen. Geliefert wird, wenn man selbst die Ware hat. Aber ist das überhaupt zulässig?

  1. Lieferfrist ganz ohne Termin

Wie immer kommt es auf den Einzelfall an. Entscheidend ist bei grenzüberschreitenden Lieferungen, welches Recht auf den Vertrag anwendbar ist. Das ergibt sich aus einer Rechtswahl oder durch das Kollisionsrecht. Meistens landet man dann beim Recht des Verkäufers oder beim internationalen UN-Kaufrecht, dem CISG.

Unabhängig von diesen technischen Details, die ohnehin ein Anwalt im Streitfalle beantworten müsste, lässt sich aber folgendes festhalten: Ein fehlender Liefertermin im Vertrag oder der Auftragsbestätigung führt nicht dazu, dass der Verkäufer liefern kann, wann er will. Stattdessen wird die Lieferung sofort fällig. Der Käufer kann eine Frist setzen und dann zurücktreten. 

    2. Liefertermin „freibleibend“ in Verträgen

Individualvertraglich (also nicht in AGB, dazu gleich) sind Verkäufer und Käufer relativ frei, was die Lieferfristen angeht. Ein Termin „Q4 2022“ ist möglich. Soll die Lieferfrist aber wirklich komplett offen bleiben, wird es schon schwieriger. 

Ist überhaupt ein verbindlicher Liefervertrag zustande gekommen? Der „freibleibende“ Liefertermin ist zu unterscheiden vom „freibleibenden“ Angebot. Das stellt tatsächlich noch keine Grundlage für einen Vertrag dar. Aber der Vertrag soll ja verbindlich geschlossen werden, nur eben mit unverbindlichem Liefertermin. Vor Gericht würde hier aber schon Diskussionsstoff entstehen.

Kommt man aber dazu, dass die Parteien wirksam einen Vertrag geschlossen haben, ist ein freibleibender Liefertermin mit einer Leistungsbestimmung durch eine Partei gleichzusetzen. Die muss nach billigem Ermessen getroffen werden (§ 315 Abs. 1 BGB). Hier geht die Diskussion weiter.

    3. Liefertermin „freibleibend“ in AGB

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) wird es dann noch einmal schwieriger. AGB sind übrigens nicht nur separate Bedingungen, sondern auch alle anderen vorformulierten Klauseln, die z. B. in Formularen verwendet werden. Dann bestimmen sich freibleibende Liefertermine nach § 308 Nr. 1 BGB, wonach ein solcher freibleibender Termin nicht unangemessen lange oder unbestimmt sein darf. 

    4. Fazit

Für freibleibende (oder unverbindliche) Liefertermine gibt es ein großes Bedürfnis, sie sind aber nicht einfach zu handhaben. Unternehmen bewegen sich hier im Bereich des Kollisionsrechts, müssen das anwendbare Recht bestimmen können und dann die gewollten Klauseln mit diesem Recht abgleichen. Das ist mühsam. Die einfache Lösung ist, Zeiträume zu bestimmen („Q4 2022“), alles andere bedarf professioneller Beratung.

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