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Herausforderungen bei der Beweisführung in Auslandsprozessen

30/11/2022
| Dr. Thomas Rinne, Lidia Minaya Moreno
Herausforderungen bei der Beweisführung in Auslandsprozessen

Wenn in einem Rechtsstreit Tatsachen zwischen den Parteien streitig sind, muss darüber Beweis erhoben werden. Dies ist ein international geltender prozessualer Grundsatz. Allerdings bringen Beweisaufnahmen in Prozessen im Ausland immer Herausforderungen mit sich, die es bei einem Verfahren im eigenen Land so nicht gäbe.

Angenommen, ein deutsches Unternehmen wird in Spanien auf Schadensersatz wegen nicht vertragsgemäßer Lieferung einer Maschine in Anspruch genommen und es sind – wie in derartigen Fällen fast immer – Behauptungen zu Mängeln der Maschine streitig. Dann muss hierüber Beweis erhoben werden. Sofern die streitigen Punkte rein technischer Natur sind, werden beide Parteien private Sachverständigengutachten vorlegen. Diese müssen selbstverständlich immer in der Sprache des Prozessgerichts verfasst sein (bzw. in entsprechender Übersetzung vorgelegt werden). Es ist durchaus üblich, dass ein spanisches Gericht dann allein aufgrund der wechselseitig vorgelegten Privatgutachten über die technischen Fragen entscheidet, auch wenn die Gutachten voneinander abweichen. Anders als aus dem deutschen Prozessrecht bekannt, wird nicht zwingend auch noch ein Gutachten vom Gericht in Auftrag gegeben.

In der Praxis erfolgt die Beweisführung im Prozess in den meisten Fällen durch die Zeugen. Die Besonderheit in grenzüberschreitenden Prozessangelegenheiten – beispielsweise in Spanien – besteht darin, dass das Gericht den Parteien überlässt, die Zeugen zum Gerichtstermin „mitzubringen“. Ladungen durch das Gericht sind zwar möglich, aber um das Risiko zu vermeiden, dass Ladungen bei den Zeugen gar nicht ankommen, ist es ratsam, als beweisbelastete Partei die Zeugen selbst zu laden. Häufig gibt es dann auch das Sprachproblem und es muss noch ein Dolmetscher mitgebracht werden (ebenfalls von der beweisbelasteten Partei zu organisieren). Es gibt zwar ein internationales Abkommen über die Beweisaufnahme in anderen Ländern. Nach dem Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland kann ein ausländisches Gericht auch beispielsweise in Deutschland Zeugen durch das am Wohnsitz zuständige Gericht vernehmen lassen. Da dann Beweisfragen aber nur schriftlich gestellt werden (und zudem Nachfragen oder Rückfragen bei Missverständnissen nicht möglich sind), ist diese Art der Beweisaufnahme in Verfahren von wirtschaftlich größerer Bedeutung nicht zu empfehlen.

In allen Verfahren vor ausländischen Gerichten sind jeweils die Besonderheiten des dort geltenden Prozessrechts zu beachten, denn häufig bergen diese weitere, unerwartete Überraschungen.

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