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Hält eine Gerichtsstandsvereinbarung bei Forderungsabtretung?

31/01/2024
| Dr. Thomas Rinne, Lidia Minaya Moreno
Hält eine Gerichtsstandsvereinbarung bei Forderungsabtretung?

Vereinbarungen über den Gerichtsstand für mögliche Rechts-
streitigkeiten sind zwischen Unternehmen gang und gäbe und unbedingt zu empfehlen, dies gilt insbesondere bei grenzüber-
schreitenden Vertragsverhältnissen, d.h. wenn die Parteien eines Vertrages ihren Sitz in verschiedenen Ländern haben. Es gibt verschiedene Spielarten von Gerichtsstandvereinbarungen, so kann ein Gerichtsstand ausschließlich oder nicht ausschließlich gelten. Im letzten Falle ist es dann ein Gerichtsstand, der zusätzlich zu dem gesetzlichen Gerichtsstand (beispielsweise am Sitz des Vertragspartners) eine weitere Option bietet. Häufig werden das anwendbare Recht und der Gerichtsstand auch bewusst in einer “neutralen“ Version gewählt, d.h. ein Recht und ein Gerichtsstand an einem Ort, der weder im Land des einen noch des anderen Vertragspartners liegt.

In der Praxis passiert es nicht selten, dass Ansprüche aus einem solchen internationalen Vertrag, beispielsweise aus einem Liefervertrag, später abgetreten werden oder es zu einer Vertragsübernahme kommt. Dann stellt sich die Frage, ob sich der neue Gläubiger, der in die Rolle beispielsweise des ursprünglichen Lieferanten geschlüpft ist, im Verhältnis zum Abnehmer einer gelieferten Ware auf eine Gerichtsstandsvereinbarung in dem ursprünglichen Vertrag berufen kann bzw. ob er daran gebunden ist.

In den besonders interessanten Fällen der grenzüberschreitenden Vertragsbeziehungen ist die Antwort nicht so einfach wie im innerdeutschen Recht, wo die Wirkung der Gerichtsstandsvereinbarung auch im Falle einer Abtretung oder bei einer Schuldübernahme und erst recht bei einer Vertragsübernahme bejaht wird. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) macht die Fortgeltung des Gerichtsstandsvereinbarung zu Gunsten oder zu Lasten eines Abtretungsempfängers davon abhängig, dass er in „alle Rechte und Pflichten“ der ursprünglichen Vertragspartei eingetreten ist. Dies ist regelmäßig nur bei einer Vertragsübernahme, nicht aber bei einer Abtretung der Fall. Diese Rechtsansicht des EuGH ist insbesondere in der deutschen Rechtsliteratur sehr umstritten, weil es durchaus sein kann, dass dem Abtretungsempfänger eine Gerichtsstandsvereinbarung zugutekäme (beispielsweise, weil der Gerichtsort im selben Land liegt wie der Sitz des Abtretungsempfängers).

Wenn also im Falle einer Forderungsabtretung absehbar ist, dass die Forderung nicht freiwillig gezahlt wird und die Möglichkeit besteht, dass die Ansprüche gerichtlich durchgesetzt werden müssen, ist für den Abtretungsempfänger besondere Vorsicht geboten. Im Zweifel sollte er die Rechtslage vorher gründlich prüfen lassen. Denkbar sind auch unmittelbare Vereinbarungen über den Gerichtsstand mit dem Schuldner, der in Zukunft vielleicht verklagt werden muss. Dies wäre ohne Frage der sicherste Weg.

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