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Gewährleistungsversicherungen (W&I Insurance) ‒ rechtlicher Hintergrund

29/02/2024
| Florian Roetzer, LL.M.
Gewährleistungsversicherungen (W&I Insurance) ‒ rechtlicher Hintergrund

Der Verkäufer eines Unternehmens ist daran interessiert, möglichst wenigen Haftungsrisiken aus dem Unternehmenskaufvertrag ausgesetzt zu sein. Gleichzeitig möchte er einen möglichst hohen Kaufpreis erzielen. Hohe Kaufpreise bedingen jedoch insbesondere, dass operative Risiken des Unternehmens durch Garantien des Verkäufers im Anteilskaufvertrag abgesichert werden.

Dieses Dilemma gilt es vor allem beim Verkauf von Portfoliogesellschaften durch Private-Equity-Fonds aufzulösen. Sie möchten als Verkäufer möglichst geringe Risiken eingehen; sie sind an einem sog. Clean Exit interessiert, der die sofortige Ausschüttung des gesamten Veräußerungserlöses an die Investoren zulässt.

Vor diesem Hintergrund sind Gewährleistungsversicherungen (Warranty and Idemnity Insurance ‒ W&I-Versicherungen) mittlerweile ein fester Bestandteil von M&A-Transaktionen, an denen ein Finanzinvestor als Verkäufer beteiligt ist. Aber auch im Rahmen von strategischen Transaktionen erfreuen sich W&I-Versicherungen immer größerer Beliebtheit. Sie versichern die im Unternehmenskaufvertrag abgegebenen Garantien und (Steuer-)Freistellungen und übernehmen einen Großteil der Haftung, die ansonsten vom Verkäufer zu tragen wäre. Hierdurch lassen sich Escrow-Lösungen reduzieren oder gar vermeiden. Als Escrow bezeichnet man die Verwendung eines Teils des Kaufpreises zur Absicherung möglicher Garantieansprüche des Käufers gegen den Verkäufer aus dem Anteilskaufvertrag.

Es geht also um den Schutz des Verkäufers vor finanziellen Verlusten infolge von Verstößen gegen die vertraglich vereinbarten Garantien und Freistellungen. Die W&I-Versicherung dient der Überbrückung des Interessengegensatzes zwischen Verkäufer und Käufer, indem der Versicherer als Dritter gegen Zahlung einer Versicherungsprämie (regelmäßig zwischen 0,65 % und 2,5 % der Versicherungssumme zzgl. Versichersteuersteuer) die Risikoübernahme und 
-deckelung übernimmt. So kann der Verkäufer sein Haftungspotential aus dem Unternehmensverkauf begrenzen, der Käufer muss jedoch nicht auf (marktübliche) Garantie- und Freistellungserklärungen verzichten.

Die Versicherungspolice stellt einen selbstständigen Vertrag dar, der an die im Unternehmenskaufvertrag enthaltenen Garantien und Freistellungen und das vereinbarte Haftungsregime anknüpft. Die Ausgestaltung hängt davon ab, ob es sich um eine Verkäufer- oder eine Käufer-Versicherung handelt. Die Verkäuferpolice ist vergleichbar mit einer Haftpflichtversicherung. Der Verkäufer ist Versicherungsnehmer und erhält Deckungsschutz im Fall der Inanspruchnahme durch den Käufer aus dem Unternehmensvertrag. Verkäuferpolicen sind nur selten in der Praxis anzutreffen. Die Käufer-Versicherung hingegen versichert Schäden, die infolge der Unrichtigkeit von Garantien oder Freistellungen entstehen und über den Betrag hinausgehen, den der Unternehmenskaufvertrag als Haftungshöchstgrenze des Verkäufers festlegt. Es handelt sich um eine Eigenschadensversicherung, vergleichbar mit einer Hausratversicherung.

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