Ertragsteuerliche Fragen von Genussrechtskapital
Genussrechtskapital ist eine Form sog. mezzaninen Kapitals, also einer Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital. Grundlage ist eine individuell gestaltbare Vereinbarung zwischen einem Kapitalgeber und einem rechtlich eigenständigen Unternehmen, meist in der Form einer Kapitalgesellschaft. Dem Unternehmen werden hierbei typischerweise Mittel zugeführt, die wirtschaftlich als Eigenkapital fungieren sollten, ohne den Kapitalgebern jedoch gesellschaftsrechtlich geprägte Verwaltungsrechte (wie insb. Stimm- und Einflussnahme- und Kontrollrechte in Bezug auf die Unternehmensführung) zu gewähren, welche ausschließlich den Gesellschaftern des Unternehmens zustehen.
Typischerweise enthält eine Genussrechtsvereinbarung Regelungen zum Umfang der Vermögensrechte, zur Verlustbeteiligung, zu Laufzeit und Kündigungs-, Informations- und Kontrollrechten in Bezug auf das Kapitalinvestment und häufig einen Rangrücktritt, teilweise wird dem Kapitalinvestor auch ein Recht zur Wandlung in Gesellschaftsanteile eingeräumt. Anders als bei sog. partiarischen Darlehen ist der Kapitalgeber bei der Gewährung von Genussrechtskapital typischerweise nicht nur an Gewinnen, sondern auch an Verlusten des Unternehmens beteiligt. Anders als bei der sog. typisch stillen Gesellschaft vereinbaren der Kapitalinvestor und das Unternehmen nicht die Förderung eines gemeinsamen Zwecks, der über eine bloße Kapitalhingabe hinausgeht, und ist der Kapitalinvestor auch an den stillen Reserven und am Liquidationserlös des Unternehmens beteiligt, die Annahme einer sog. atypischen stillen Gesellschaft, die steuerlich eine Mitunternehmerschaft i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist, scheidet jedoch mangels gesellschaftsrechtlicher Mitwirkungsrechte des Kapitalinvestors aus.
In einem Rundschreiben vom 11.04.2023 (IV C 6 - S 2133/19/10004 :002, DOK 20230346919) hat sich das Bundesfinanzministerium (BMF) zu ertragsteuerlichen Fragen von Genussrechtskapital geäußert. Hiernach ist steuerlich zwischen beteiligungsähnlichem Genussrechtskapital sowie obligationsähnlichem Genussrechtskapital zu unterscheiden. Während die handelsbilanzielle Einordnung des Genussrechtskapitals als Eigenkapital nicht generell die steuerrechtliche Qualifikation als Fremdkapital ausschließt, ergibt sich aus der handelsbilanziellen Qualifikation als Fremdkapital grundsätzlich die Pflicht, das Genussrechtskapital in der Steuerbilanz als Verbindlichkeit auszuweisen. Allerdings kann eine Verbindlichkeit, die nur aus künftigen Einnahmen oder Gewinnen oder auch aus einem eventuellen Liquidationsüberschuss zu bedienen ist, in der Steuerbilanz mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung nicht ausgewiesen werden (§ 5 Abs. 2a EStG). Vergütungen auf Genussrechtskapital, welches steuerlich als Fremdkapital anzusehen ist, sind unabhängig von einem Passivierungsverbot Betriebsausgaben, bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 8 Abs. 3 S. 2 Alt. 2 KStG erzielt der Investor Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, auf die im grenzüberschreitenden Kontext der Dividendenartikel anzuwenden ist (vgl. Art. 10 Abs. 3 DBA).