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Einzelaspekte der Due Diligence – vertriebsrechtliche Beziehungen

31/05/2023
| Florian Roetzer, LL.M.
Einzelaspekte der Due Diligence – vertriebsrechtliche Beziehungen

Das operative Geschäft jedes Unternehmens vollzieht sich auf der Grundlage von Verträgen. Produktbeschaffung, -herstellung und -absatz wären ohne vertrags- und vertriebsrechtliche Strukturen nicht möglich. Diese bestimmen auch die die Werthaltigkeit eines Unternehmens. Im Rahmen der Due Diligence ist daher die rechtliche Erfassung und Bewertung aller wirtschaftlich relevanten, vertrags- und vertriebsrechtlichen Beziehungen des Unternehmens erforderlich.

Aufgrund des Grundsatzes der Vertragsfreiheit steht die Ausgestaltung vertraglicher Beziehungen, gleich ob zu Lieferanten, Absatzmittlern oder Kunden, in weiten Teilen im Ermessen des Unternehmens. Zu bestimmten Vertragstypen sind vereinzelt zwingende gesetzliche Vorschriften zu berücksichtigen. Sie dienen regelmäßig dem Schutz der „wirtschaftlich schwächeren“ Partei. In diesen Fällen kann die Freiheit der formalen und inhaltlichen Gestaltung von Verträgen beschränkt sein, etwa im Bereich des Verbraucherschutz- oder Handelsvertreterrechts. Die Nichtberücksichtigung solcher zwingenden Vorschriften kann die Unwirksamkeit der Vereinbarung zur Folge haben.

Schwierigkeiten bei der Bestimmung von Vertragsinhalten bestehen auch dann, wenn Verträge nicht (vollständig) schriftlich niedergelegt sind. Gerade in der Vertriebspraxis kommt es vor, dass die Vertragsparteien bei der Vertragsdurchführung von der ursprünglichen (schriftlichen) Vereinbarung abweichen, sei es durch ergänzende mündliche Vereinbarungen oder tatsächlichem, abweichendem Handeln.

Bei der vertrags- und vertriebsrechtlichen Due Diligence ist folglich sicherzustellen, dass alle wirtschaftlich relevanten vertraglichen Beziehungen ‒ ob schriftlich, mündlich oder durch tatsächliches Handeln begründet ‒ erfasst und rechtlich bewertet werden. Neben der Prüfung der Vertragsdokumentation ist eine Befragung der Geschäftsführung und zuständiger Mitarbeiter zu empfehlen.

Der Übergang bestehender Verträge und der damit verbundenen Risiken bestimmt sich danach, ober die Transaktion als Share Deal oder Asset Deal ausgestaltet ist. Beim Unternehmenserwerb mittels Anteilskauf übernimmt der Käufer die bestehenden Vertragsverhältnisse regelmäßig in unveränderter Form; sie bleiben im erworbenen Unternehmen bestehen. Gegen bekannte und unbekannte Haftungsrisiken kann sich der Käufer mittels vertraglicher Garantien und Freistellungsvereinbarungen absichern (vgl. hierzu unser Beitrag zum Newsletter September 2022).

Anders stellt sich dies beim Asset Deal dar. Bestehende Verträge ‒ außerhalb des Arbeitsrechts ‒ gehen nicht automatisch auf den Käufer über. Der Übergang eines Vertragsverhältnisses bedarf vielmehr einer Vereinbarung zwischen dem Verkäufer und dem Käufer des Betriebs sowie der Zustimmung der betroffenen dritten Vertragspartei. Zu prüfen ist jedoch, ob durch die Übernahme des Betriebs gesetzliche Haftungstatbestände erfüllt werden, die eine Haftung des Käufers auch für nicht übernommene Verbindlichkeiten aus bestehenden Verträgen begründen.

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