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Echtheitsbeweis bei eingescannten Unterschriften

28/02/2023
| Dr. Thomas Rinne, Lidia Minaya Moreno
Echtheitsbeweis bei eingescannten Unterschriften

Angesichts zunehmender Digitalisierung geraten Probleme mit Verträgen oder Willenserklärungen (z.B. Kündigungen), die noch in herkömmlicher Weise unterschrieben werden, leicht aus dem Blick. Tatsächlich machen viele Unternehmen inzwischen von der Möglichkeit Gebrauch, einen Vertrag elektronisch zu signieren. Vielfach genügt auch die Textform, d.h. viele Erklärungen können per E-Mail abgegeben werden. Eine wichtige Ausnahme bildet hierbei allerdings das Arbeitsrecht. Denn beispielsweise die Kündigung eines Arbeitsvertrages bedarf immer noch der strengen Schriftform, d.h. eines im Original unterschriebenen Briefes, der dem anderen Vertragspartner auch als solcher zugehen muss.

Es werden aber immer noch viele Unterschriften auf Papier geleistet und dann als eingescanntes PDF an den Vertragspartner per E-Mail übersandt wird; dieser sendet es anschließend mit seiner Unterschrift per E-Mail zurück. Damit ist der Vertrag wirksam abgeschlossen, sofern nicht eine strengere Form vorgeschrieben ist. Aber was passiert, wenn sich später eine der Vertragsparteien darauf beruft, dass die Unterschrift nicht von ihr stamme? Bei Unterschriften, die dem anderen Vertragsteil körperlich auf Papier übermittelt werden, ist dann die Einholung eines graphologischen Gutachtens möglich. Gilt dies auch, wenn nur eine eingescannte Unterschrift zur Verfügung steht? Obergerichtliche Entscheidungen gibt es zu dieser Frage in Deutschland bisher nicht. Die Gesellschaft für Forensische Schriftuntersuchung (GFS) e.V. kommt zwar zu dem Ergebnis, dass eine eingescannte Unterschrift bei ausreichender Qualität der Kopie geeignet sein kann, die Urheberschaft zu beweisen; allerdings wird es nicht möglich sein, gutachterlich festzustellen, ob sich die eingescannte Unterschrift tatsächlich auf dem Original des entsprechenden Schreibens befindet oder ob es sich um ein manipuliertes PDF handelt. Es ist interessant, dass das schweizerische Bundesgericht bereits im Jahre 2015 entschieden hat, dass der Beweis der Echtheit einer Unterschrift an eingescannten Dokumenten nicht erbracht werden könne.

Für die Praxis gilt daher: Zum einen ist beim Abschluss eines Vertrages zu entscheiden, ob man sich von vornherein mit eingescannten Unterschriften zufriedengibt. Zum anderen ist im Rahmen des Vertragsmanagements zu entscheiden, ob im Original vorliegende Dokumente später eingescannt und die Originale vernichtet werden können. Bei bedeutsamen Verträgen etc. sollte im Interesse der besseren Beweisführung im Zweifel das Original aufbewahrt werden.

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