E-Mail, PDF und elektronische Signaturen – was zählt als Beweis vor Gericht?
Es gibt keine Unternehmen mehr, die nicht digital arbeiten. E-Mails sind Standard. Unternehmen verbannen das Papier teilweise komplett und stellen auf „papierloses Büro“ um. Videokonferenzen sind seit Corona Alltag. Und wer das volle Programm will, hat elektronische Signaturen im Unternehmen eingeführt, um Vertragsprozesse künftig papierlos durchzuführen.
Das wirft rechtliche Fragen auf. Unter welchen Voraussetzungen ist ein Vertrag, der mit elektronischen Signaturen geschlossen wird, formwirksam? Gerade im internationalen Bereich, wenn verschiedene Rechtsordnungen betroffen sind, eine wichtige Frage. Jede Rechtsordnung kann diese Frage anders beurteilen. Die Einführung elektronischer Signaturen im Unternehmen sollte daher Chefsache sein. Ein schlampiges Vertragsmanagement kann schließlich schlimmstenfalls zur Geschäftsführerhaftung führen.
Daneben – aber nicht weniger wichtig – steht die Frage, welchen Wert „digitale“ Erklärungen im Zivilprozess haben. Lässt sich z. B. ein Vertragsschluss während einer Videokonferenz beweisen? Zunächst unterscheiden die Beweislastregeln nicht zwischen analog und digital. Wer beispielsweise behauptet, dass in einem Video-Call ein Warenkaufvertrag verhandelt und vereinbart wurde, muss das beweisen – eherner Grundsatz: Jeder muss die ihm günstigen Tatsachen beweisen!
Und auch für die Beweisführung an sich gibt es erst einmal keine Unterschiede zwischen digitalen und analogen Erklärungen. Wer den Vertragsschluss im Video-Call beweisen will, kann sich auf Zeugen berufen, die dann in einer Gerichtsverhandlung vernommen werden. Wer einen Vertragsschluss durch Austausch von (unsignierten) E-Mails beweisen will, kann diese vorlegen oder übermitteln. Das Gericht wird sie als Objekte des Augenscheins bewerten.
Dabei ist das Gericht in seiner Beweiswürdigung grundsätzlich frei. Der Beweiswert von unsignierten E-Mails oder PDF-Dokumenten ist eher gering. Der vermeintliche Versender kann bestreiten, dass er oder sie die Mail tatsächlich verschickt hat. Ggf. sprechen die Umstände wie bestimmtes Sonderwissen in den Mails oder parallele Telefonate dafür, dass die E-Mail tatsächlich vom vermeintlichen Absender stammt, aber das liegt alles in der freien Beweiswürdigung des Gerichts.
Und hier liegt der besondere Wert der elektronischen Signaturen. Anders als bei Telefonaten, E-Mails oder PDF-Dateien hat zumindest die qualifizierte elektronische Signatur (qeS) den gleichen Beweiswert wie Urkunden. Sie setzt eine Identifizierung des Unterzeichnenden voraus und ist etwas teurer als die ebenfalls sichere fortgeschrittene elektronische Signatur (feS), die aber keine Identifikation des Unterzeichners voraussetzt.
Egal, wie man es macht. Es lohnt sich, auch den Beweiswert der verwendeten Kommunikationsmittel vor Gericht bewusst zu bewerten und danach Abläufe im Unternehmen, insbesondere Vertragsprozesse, zu gestalten.