Die Umsatzsteuer bei der Übergabe im Bau befindlicher Wohnungen
Mit der Wiederbelebung der Immobilientätigkeit in Spanien nach Überwindung der Pandemie nehmen Investitionen in Gebäude oder „Grundstücke“, die umgebaut und/oder saniert werden, um anschließend verkauft zu werden, zu. Dies betrifft auch ausländische Investoren, insbesondere in Küstengebieten.
Angesichts des Mechanismus derartiger Transaktionen und zur Vermeidung einer möglichen Überbesteuerung aufgrund der Vereinbarung von Kaufoptionen oder des Fehlens ausreichender Sicherheiten in Form von Anzahlungen auf den Kaufpreis werden Kaufverträge häufig notariell beurkundet. Darin werden aufschiebende Bedingungen vereinbart, d.h. der Kauf wird erst mit Erfüllung dieser Bedingung wirksam oder der Besitz an der Immobilie geht erst zu einem späteren Zeitpunkt über.
Mit solchen Vereinbarungen soll die Übertragung der Sache und somit der Anfall der Umsatzsteuer vermieden werden, solange der Bau nicht abgeschlossen ist. Im Bau befindliche Immobilien unterliegen einem Steuersatz von 21%, abgeschlossene Wohnungen dem ermäßigten Satz i.H.v. 10%. Während des Baus liegt offenkundig noch keine Bewohnbarkeitsbescheinigung (cédula de habitabilidad) oder Erstbezugsgenehmigung (licencia de primera ocupación) vor, sodass das Gebäude im Sinne der Umsatzsteuer nicht als „Wohnung“ angesehen werden kann.
Bis zu diesem Punkt ist alles korrekt. Allerdings standen einige Handlungen der spanischen Steuerinspektion und Urteile spanischer Gerichte entgegen der Annahme, dass bestimmte aufschiebende Bedingungen oder der Aufschub der tatsächlichen Übergabe der Sache – hier zu verstehen als Übertragung – den Anfall der Umsatzsteuer vermeiden. Dies zog Nachteile für Verkäufer und Käufer der Immobilien aufgrund der Nichtabgabe von Steuererklärungen und/oder Besteuerung der Transaktion mit 21% nach sich. Der Kaufpreis steigt somit um 11%, da der ermäßigte Satz für Wohnungen keine Anwendung findet.
Solche aufschiebenden Bedingungen werden häufig von Gerichten als auflösende Bedingungen umklassifiziert, d.h. der Vertrag wird im Zeitpunkt seiner Unterzeichnung voll wirksam und nur bei Erfüllung der Bedingungen aufgehoben. Dadurch fällt die Umsatzsteuer bei Erteilung der öffentlichen Urkunde an. Auch Bedingungen, die einen Teil des Kaufpreises garantieren, sind problematisch, da nach Auffassung der Steuerbehörde diese einem Vollzug der Übertragung nicht im Wege stehen. Wird bei dem Verkauf notariell der Rückbehalt des Besitzes durch den Verkäufer oder ein Aufschub der Übergabe auf einen späteren Zeitpunkt – generell bei Vorliegen der Bewohnbarkeitsbescheinigung– vereinbart, verhindert dies nach Auffassung der Steuerbehörde ebenfalls nicht den Anfall der Umsatzsteuer.
Daher ist es nachdrücklich empfehlenswert, die vertraglichen Vereinbarungen, die öffentlich beurkundet werden sollen, zu prüfen, insbesondere die entsprechenden Sicherheiten, damit beide Vertragsparteien die Steuerrisiken tragen, die ihnen bei einem normalen Ablauf derartiger Immobilientransaktionen obliegen würden.