Die neue Verordnung (EU) über Beweisaufnahme in der Europäischen Union
Neben der bereits analysierten Verordnung (EU) 2020/1784 über die Zustellung von Schriftstücken wurde im Dezember 2021 auch die Verordnung (EU) 2020/1783 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (Beweisaufnahme) veröffentlicht. Es handelt sich um eine Neufassung der alten Verordnung, die aus dem Jahr 2001 stammt und in den 20 Jahren ihres Bestehens mehrfach geändert wurde.
Ziel des neuen Textes ist es, die Verordnung über die Beweisaufnahme klarer zu gestalten und gleichzeitig die Nutzung der neuen Technologien bei der Kommunikation zwischen den Justizbehörden und bei der Beweisaufnahme selbst zu fördern.
Was die Kommunikation zwischen den Justizbehörden betrifft, so sieht die Verordnung vor, dass diese direkt über die Justizbehörden der beteiligten Länder erfolgen soll, und dass in der Regel jede Kommunikation und jeder Austausch von Schriftstücken über ein sicheres und zuverlässiges dezentrales IT-System erfolgen sollte, das nationale IT-Systeme umfasst, die vernetzt und technisch interoperabel sind, „wie beispielsweise — unbeschadet der weiteren technologischen Entwicklung — auf e-CODEX beruhend.“
Die Verordnung möchte also das, was bisher die Ausnahme war, zur Regel machen.
In Bezug auf die Beweisaufnahme ist auch der Inhalt der Artikel 19 und 20 der Verordnung sehr interessant. Die Verordnung erlaubt es der ersuchenden Justizbehörde (des Landes, in dem das Verfahren durchgeführt wird), direkt Beweise zu erheben, sofern dies technisch möglich ist. Dies ist zum Beispiel bei Zeugenaussagen besonders wichtig. So heißt es in Art. 20: „Wird beabsichtigt, Beweise zu erheben, indem eine Person mit Aufenthalt in einem anderen Mitgliedsstaat vernommen wird, und ersucht das Gericht um Zustimmung zur unmittelbaren Beweisaufnahme nach Artikel 19, so führt dieses Gericht die Beweisaufnahme per Videokonferenz oder mittels einer anderen Fernkommunikationstechnologie durch, sofern das Gericht über eine solche Technologie verfügt und es den Einsatz einer solchen Technologie aufgrund der besonderen Umstände des Falls für angemessen hält.“
Für solche Fälle ist in Anhang I der Verordnung sogar ein Formular (N) vorgesehen. Unserer Meinung nach ist dies ein weiteres neues Instrument, das sich bei der Abwicklung von Verfahren mit Auslandsbezug in Spanien als sehr nützlich erweisen kann.