Der spanische Oberste Gerichtshof hebt die allumfassende Arbeitszeiterfassungspflicht auf
Das spanische Arbeiterstatut (“Estatuto de los Trabajadores”) sieht in Artikel 35 im Zusammenhang mit Überzeitarbeit vor, dass Unternehmen verpflichtet sind, die tägliche Arbeitszeit so zu dokumentieren, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, welche Überzeitarbeit er im Monat geleistet hat und welche Vergütung ihm dafür zusteht.
Im Dezember 2015 entschied der Nationale Gerichtshof, dass aufgrund des erwähnten Artikels alle Unternehmen verpflichtet sind, die Arbeitszeit aller Arbeitnehmer (egal, ob Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigte und unabhängig davon, ob Überzeitarbeit geleistet wird oder nicht) zu erfassen. Der Gerichtshof begründet seine Entscheidung mit einer weiten Auslegung des erwähnten Artikels und vertritt die Ansicht, dass eine tägliche Arbeitszeiterfassung bezüglich aller Arbeitnehmer die einzige Möglichkeit darstellt, die Leistung von Überzeitarbeit effektiv zu kontrollieren.
Infolge des erwähnten Urteils erließ die Arbeitsinspektion im März 2016 eine Weisung zur Intensivierung der Kontrolle der Unternehmen in Bezug auf die Arbeitszeiterfassung ihrer Mitarbeiter, die u.a. für den Fall von Unregelmäßigkeiten bei der Erfassung oder der nicht Erfassung strenge Geldstrafen vorsah.
Der spanische Oberste Gerichtshof hat am 23. März 2017 das Urteil des Nationalen Gerichtshofs vom Dezember 2015 widerrufen und entschieden, dass der Artikel 35.5 des spanischen Arbeiterstatuts nicht weit auszulegen ist, und dass die Pflicht der Erfassung der Arbeitszeit nur, wie es im Gesetz heißt, bezüglich der Überzeitarbeit gilt, aber nicht hinsichtlich der normalen Arbeitszeit.
Während das Urteil des Obersten Gerichtshofs von den Akteuren im sozialen und rechtlichen Bereich noch analysiert und ausgewertet wird, scheint die aus dem Urteil des Nationalen Gerichtshofs abgeleitete Verpflichtung der allgemeinen Arbeitszeiterfassung deutlich entschärft worden zu sein.