Der Bundesgerichtshof bewertet insolvenzabhängige Lösungsklauseln neu
Insolvenzen machen skeptisch. Am liebsten möchten viele Unternehmen, dass abgeschlossene Verträge im Falle einer Insolvenzeröffnung des Vertragspartners automatisch enden. Deshalb erscheint es verführerisch, in Verträgen für den Fall der Insolvenzeröffnung eine Lösungsklausel zu vereinbaren. Derartige Klauseln werden in verschiedenen Rechtssystemen unterschiedlich bewertet, weshalb entscheidend ist, welches Recht auf solche Klauseln in Verträgen anwendbar ist.
Im deutschen Recht ist die Wirksamkeit von insolvenzabhängigen Lösungsklauseln umstritten. Es gibt in Rechtswissenschaft und Rechtsprechung entgegengesetzte Positionen hierzu. Dies liegt daran, dass das Gesetz selbst hierzu keine klare Regelung enthält. In Artikel 119 der Insolvenzordnung (InsO) ist lediglich geregelt, dass Vereinbarungen, welche z.B. das Wahlrecht des Insolvenzverwalters beschränken oder ausschließen, unwirksam sind.
Die Problematik um die Lösungsklauseln war zuletzt Gegenstand eines Urteils des Bundesgerichtshofs vom 27.10.2022 (IX ZR 213/21). Der Bundesgerichtshof hat darin die Wirksamkeit einer vertraglichen Lösungsklausel für den Insolvenzfall für einen Schülertransportvertrag zu beurteilen gehabt. Danach sind insolvenzabhängige Lösungsklauseln nicht (mehr) per se unwirksam. Eine solche Klausel ist unwirksam, wenn der insolvenzabhängige Umstand für sich allein die Lösung vom Vertrag ermöglichen soll und die Lösungsklausel in Voraussetzungen oder Rechtsfolgen von gesetzlichen Lösungsmöglichkeiten abweicht, ohne dass für diese Abweichungen bei objektiver Betrachtung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen der Parteien berechtigte Gründe bestehen. Einen berechtigten Grund wird man bei einer insolvenzabhängigen Lösungsklausel zu Gunsten eines Geldleistungsgläubigers regelmäßig verneinen müssen. In anderen vertraglichen Situationen mag dies aber von Fall zu Fall anders zu beurteilen sein.
Mit anderen Worten: Ob eine insolvenzrechtliche Lösungsklausel wirksam ist oder nicht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und ist auf Grund einer Interessenabwägung von Fall zu Fall festzustellen.