Das Verhältnis zwischen Postzustellung und Zustellung über Empfangsstellen nach der EU - Zustellungsverordnung
Die im Jahr 2008 in Kraft getretene Zustellungsverordnung sieht für die Zustellung von Schriftstücken im EU-Ausland mehrere verschiedene Arten vor, darunter auch die relativ günstige Postzustellung. Diese wird nicht nur häufig eingesetzt, sondern ist auch Gegenstand einiger Diskussionen, denn ihre knappe Regelung wirft viele Fragen auf. Eine dieser Fragen betrifft ihr Verhältnis zur Zustellung über Empfangsstellen.
Die Verordnung schweigt diesbezüglich, regelt jedoch die Zustellung über Empfangsstellen nicht nur als erstes, sondern auch wesentlich genauer als alle anderen Zustellungsarten. Daneben lässt sich das Argument der Rechtssicherheit für einen Vorrang dieser Zustellungsart vor der Postzustellung anführen. Denn die Erfahrung zeigt, dass die Postzustellung nicht an das hohe Rechtssicherheitsniveau der Zustellung über Empfangsstellen herankommt.
Aus diesen Gründen wurde zum Teil eine Auslegung der Verordnung in dem Sinne gefordert, dass die Zustellung über Empfangsstellen gegenüber der Postzustellung vorrangig sei. Dieser Sichtweise hat der EuGH jedoch in seinem Urteil vom 09.02.2006, bezogen auf die damals geltende Verordnung, einen Riegel vorgeschoben. Zur Begründung verwies er zum einen auf den Wortlaut, denn dem Verordnungstext lasse sich kein Hinweis auf eine Rangordnung zwischen den Zustellungsarten entnehmen. Zum anderen berief er sich auf den Sinn und Zweck der Verordnung, der als Gewähr-leistung des Zustellungserfolgs „unter Wahrung der berechtigten Interessen der Empfänger“ definiert wurde. Dieser sei bei allen Zustellungsarten gewährleistet. Darauf, dass die berechtigten Interessen der Empfänger bei den verschiedenen Zustellungsarten jedoch nicht in gleichem Maße gewahrt werden, ging der EuGH hingegen nicht ein.
Somit ist von einer Gleichwertigkeit der verschiedenen Zustellungsarten auszugehen, der Absender kann sich also frei für eine der Zustellungsarten entscheiden oder das Schriftstück kumulativ auf verschiedenen Wegen zustellen.