Brexit Reloaded: Die Auswirkung auf die Vollstreckung von Urteilen | LEX | Das deutsch-spanische Rechtsportal Direkt zum Inhalt

Brexit Reloaded: Die Auswirkung auf die Vollstreckung von Urteilen

30/11/2020
| Dr. Thomas Rinne, Johannes Brand, LL.M.
Brexit Reloaded: Die Auswirkung auf die Vollstreckung von Urteilen

Im letzten Monat haben wir die Auswirkungen des Brexits auf Gerichtsverfahren behandelt. Doch was geschieht mit der Vollstreckung von Urteilen? Wird diese auch zukünftig möglich sein? Oder sehr erschwert? Was kann man jetzt noch unternehmen, um bei absehbarer Notwendigkeit der Vollstreckung diese zu erleichtern?

Der Brexit, also der Austritt des Vereinigten Königreichs (UK) aus der Europäischen Union, ist bereits zum 01.02.2020 in Kraft getreten. EU und Vereinigtes Königreich haben sich im Austrittsabkommen vom 17.10.2019 darauf geeinigt, dass zwischen dem 01.02.2020 und 31.12.2020 eine Übergangsphase gilt. Diese soll dazu dienen, ein endgültiges Abkommen zu verhandeln. In der Zwischenzeit gilt das EU-Recht in UK weiter. Denn das Austrittsabkommen aus dem Oktober 2019 regelt zwar einige wichtige Punkte (bspw. den Status von in der EU lebenden Briten und umgekehrt und die irische Grenze), aber andere wichtige Punkte sind nicht geregelt. Dazu gehört auch die Vollstreckung von Urteilen.

Derzeit ist die Vollstreckung von Urteilen (oder sonstigen gerichtlichen Titeln) in der EuGVVO (auch: Brüssel Ia-Verordnung) geregelt. Das ist dieselbe Verordnung, die auch die Zuständigkeit in Zivilprozessen regelt. Der Vorteil ist, dass die Verordnung in allen Mitgliedsstaaten der EU gilt. Das sorgt für Rechtssicherheit. Die EuGVVO erleichtert die Vollstreckung, da sie keine Anerkennung und Vollstreckbarerklärung (sog. Exequatur) verlangt. Vielmehr kann z. B. ein deutsches Gerichtsurteil grundsätzlich ohne Weiteres in Spanien oder (bisher) auch in UK vollstreckt werden (mal abgesehen von einem durch das Ausgangsgericht auszufüllendes Formblatt).

Doch was passiert, wenn es zu einem „harten Brexit“ kommt, also einem Brexit ohne (endgültiges) Austrittsabkommen? Die Verordnung wird dann – jedenfalls in UK – keine Anwendung mehr finden. Dann kommt es auf den Zeitpunkt der Klageerhebung an:

  • Zwangsvollstreckung aus Urteilen in Verfahren, die vor dem 31.12.2020 begonnen wurden, richtet sich weiter nach der EuGVVO (Art. 67 Abs. 2 des Austrittsabkommens). Es kommt also auf das Datum der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens an, nicht auf das Datum des Urteils.
     
  • Ansonsten wird sich die Vollstreckung wahrscheinlich nach nationalen Regeln richten. Abhilfe könnte das EuGVÜ schaffen, ein Vorgänger der EuGVVO. Aber es ist sehr unsicher, ob Gerichte tatsächlich annehmen werden, dass es wiederauflebt. Wenn sich die Vollstreckung nach nationalen Regeln richtet, muss der Kläger sowohl in Deutschland (Anerkennungsklage nach § 328 ZPO) als auch in UK (sog. summary judgement) eine Klage zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung zu erheben.

Es hilft auch hinsichtlich der Vollstreckung nur das, was auch hinsichtlich der Planung der Gerichtsverfahren selbst hilft: (1) Verfahren möglichst vor Ende des Jahres beginnen, um den Vertrauensschutz des Austrittsabkommens zu wahren. (2) Schiedsklauseln in Betracht ziehen, denn die Vollstreckung von Titeln aus Schiedsverfahren wird durch ein Abkommen geschützt, das auch nach dem Brexit gilt.

Kategorien:

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

Teilen Sie ihn in den sozialen Netzwerken!