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Betriebstätte bei Einschaltung einer eigenen lokalen Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft?

31/10/2022
| Frank Behrenz
Betriebstätte bei Einschaltung einer eigenen lokalen Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft?

In der Ausgabe Juni 2020 dieses Newsletters hatten wir bereits über die viel diskutierte Frage berichtet, unter welchen Voraussetzungen einer ausländischen Kapitalgesellschaft eine inländische Betriebstätte zuzurechnen sein kann, wenn diese unternehmerischen Funktionen auf eine rechtlich selbständige deutsche Management- oder Dienstleistungsgesellschaft überträgt. Von Bedeutung ist die Frage nicht nur für die dort bereits dargestellten grenzüberschreitenden Immobilieninvestments, sondern letztlich für jede grenzüberschreitende unternehmerische Tätigkeit im Inland, die unter Einschaltung rechtlich selbständiger lokaler Gesellschaften erfolgt.

Ausgangspunkt ist im grenzüberschreitenden Kontext zunächst Art. 5 Abs. 7 des Doppelbesteuerungsabkommens, wonach allein dadurch, dass eine in Spanien ansässige Gesellschaft eine Gesellschaft beherrscht, die Deutschland ansässig ist oder dort (entweder durch eine Betriebsstätte oder auf andere Weise) ihre Tätigkeit ausübt, die deutsche Gesellschaft nicht zur Betriebsstätte der spanischen Gesellschaft wird.

Das im vorgenannten Beitrag genannte Revisionsverfahren wurde vom Bundesfinanzhof (BFH) nun in einem jüngst veröffentlichten Urteil vom 23.03.2022 unter dem Aktenzeichen III R 35/20 entschieden. Hiernach begründet die eigenverantwortliche Tätigkeit eines Subunternehmers an einem bestimmten Ort grundsätzlich keine Betriebsstätte des Hauptunternehmers. Vielmehr entsteht eine solche nur dann, wenn der Hauptunternehmer an dem betreffenden Ort eigene betriebliche Handlungen mit einer gewissen Nachhaltigkeit vornimmt. Eine Betriebsstätte kann hiernach auch dann vorliegen, wenn ein Unternehmen befugt ist, die Einrichtung oder Anlagen eines Subunternehmers nach seinen Bedürfnissen zu nutzen und wenn dort dem Hauptunternehmer überlassene und dessen Weisungen unterliegende Arbeitnehmer oder Subunternehmer tätig werden. Daher kann auch durch die Beauftragung einer Management- oder Dienstleistungsgesellschaft ohne eigenes Verfügungsrecht über deren Räumlichkeiten eine Betriebsstätte des Unternehmens begründet werden, wenn dieses aufgrund des zur Verfügung gestellten „sachlichen und personellen Organismus“ in der Lage ist, vor Ort seiner unternehmerischen Tätigkeit „operativ“ nachzugehen. Eine eigene unternehmerische Tätigkeit in diesem Sinne kann insbesondere dann angenommen werden, wenn eine fortlaufende nachhaltige Überwachung in Räumlichkeiten der beauftragten Gesellschaft vor Ort ermöglicht wird, wovon regelmäßig bei Personenidentität der Leitungsorgane der Gesellschaften auszugehen ist.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 07.04.2022 in der Rechtssache Berlin Chemie (C-333/20) liegt in solchen Fällen demgegenüber umsatzsteuerlich keine feste Niederlassung der ausländischen Gesellschaft im Inland im Sinne von Art. 44 MwStSystRL und Art. 11 MwStVO vor.

Vor diesem Hintergrund ist eine sorgfältige Prüfung und gegebenenfalls Anpassung der Managementstruktur sowie der Geschäftsbeziehungen ausländischer Mutter- und inländischer Tochtergesellschaften zu empfehlen.

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