Betriebsschließungen im „Teil-Lockdown“ rechtmäßig?
Schon im Frühjahr 2020 hatte es wegen der Coronabedingt verfügten umfassenden Betriebsschließungen (Einzelhandel, Gastronomie, Kultur) zahlreiche gerichtliche Eilverfahren gegeben mit dem Ziel, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme überprüfen zu lassen. Und während die Gerichte in der Anfangszeit der Corona-Pandemie noch mehrheitlich die Ansicht vertraten, dass die Maßnahmen verhältnismäßig und damit rechtmäßig waren, gab es ab dem Sommer 2020 immer mehr Gerichte, die daran erhebliche Zweifel äußerten. Insbesondere, weil es für weitreichende, grundrechtsbeschränkende Maßnahmen gar keine gesetzliche Grundlage gab; Deutschland wurde weitgehend durch Rechtsverordnungen der Bundes- und Landesregierungen regiert.
Erst recht gab es nun viele Eilverfahren, als im November 2020 erneut ein Teil-Lockdown verhängt wurde, der insbesondere die Hotellerie und Gastronomie, den gesamten Kulturbetrieb und private Sporteinrichtungen (Fitnessstudios, etc.) betrifft. Mehrere Gerichte, unter anderem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und das Verwaltungsgericht Hamburg haben im November entschieden, dass die gesetzliche Grundlage für derartige Schließungsverfügungen nicht in dem bisher geltenden Infektionsschutzgesetz zu finden sei. Schließungsverfügungen wurden ganz oder teilweise aufgehoben.
Vor diesem Hintergrund hat nun das Parlament eine Reform- und Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, die auch schon am 18.11.2020 in Kraft getreten ist. Allerdings wird das Gesetz von Verfassungsrechtlern heftig kritisiert, weil nach wie vor die Voraussetzungen für die jetzt im Einzelnen definierten möglichen Maßnahmen (angefangen von Abstandsgeboten, Maskenpflicht, über Kontakt- und Reisebeschränkungen sowie Betriebsschließungen) nicht klar bestimmt werden. Es ist deshalb zu erwarten, dass die Gerichte auch in Zukunft derartige Beschränkungen als nicht rechtmäßig einordnen und aufheben werden. Da es bisher so gut wie ausschließlich Entscheidungen in Eilverfahren mit lediglich summarischer Prüfung gab, in diesen Verfahren aber die mangelnde rechtliche Grundlage vielfach festgestellt worden ist, könnten diese Entscheidungen immerhin die Grundlage für mögliche Schadensersatzansprüche der Betroffenen bilden.
Interessanterweise hat das Verwaltungsgericht Hamburg in einer Entscheidung vom 10.11.2020 ausgeführt, dass auch die von der Bundesregierung angekündigten Hilfszahlungen für die vom Teil-Lockdown betroffenen Betriebe keine andere rechtliche Bewertung der Maßnahmen zulassen, weil die in Aussicht gestellten Zahlungen noch nicht einmal durch ein Gesetz beschlossen wurden und es damit für die Betroffenen keinen einklagbaren Anspruch gibt.