Besteuerung von ausländischen Kleinunternehmern bei in Deutschland steuerbaren Umsätzen (2)
In unserem Beitrag zur Ausgabe April 2019 dieses Newsletters hatten wir über die Sonderregelungen im deutschen Recht für die umsatzsteuerliche Behandlung gewerblicher und freiberuflicher Kleinunternehmer berichtet. Nach § 19 UStG wird die für Lieferungen und sonstige Leistungen geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn der Gesamtumsatz (inklusiv Umsatzsteuer, jedoch ohne Umsätze aus dem Verkauf von Anlagevermögen) im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird (sog. Kleinunternehmergrenze).
In einem jüngst veröffentlichten Urteil vom 12.12.2019 (BFH V R 3/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun erstmalig ausdrücklich zur Anwendbarkeit dieser Regelungen im internationalen Kontext Stellung genommen. Im Streitfall hatte eine im Ausland ansässige Unternehmerin eine in Deutschland gelegene Wohnung kurzfristig über Internetportale vermietet und damit dort umsatzsteuerbare Leistungen erbracht, sich allerdings auf die Steuerbefreiung nach der Kleinunternehmerregelung berufen.
Der BFH hat demgegenüber die Auffassung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg im Urteil vom 04.06.2018 (2 K 2232/17) bestätigt, wonach die Kleinunternehmerregelung auf solche Unternehmer beschränkt ist, die im jeweiligen Mitgliedstaat der Leistungserbringung ansässig sind. § 19 UStG beruhe auf Art. 282 MwStSystRL, für welchen allerdings in Art. 283 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL klargestellt sei, an, dass dieser nicht für Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen gilt, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe bereits in seinem Urteil vom 26.10.2010 - C-97/09 (EU:C:2010:632) entschieden, dass die Beschränkung der Steuerbefreiung auf im jeweiligen Mitgliedstaat ansässige Unternehmer mit den europäischen Grundfreiheiten, insbesondere mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar sei. Es sei ein zulässiges Ziel der Regelung, die Wirksamkeit der Steueraufsicht im Hinblick auf die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen zu gewährleisten. Sinn der Beschränkung sei es, zu verhindern, dass Steuerpflichtige, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, ohne dort ansässig zu sein, der Besteuerung ihrer Tätigkeiten unter dem Deckmantel der dort geltenden Befreiungen ganz oder zum großen Teil entgehen könnten, auch wenn diese Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit den Umfang der Geschäftstätigkeit eines Kleinunternehmens objektiv überschreiten würden, was mit dem Sinn der Befreiungsregelung, ausschließlich die Wettbewerbsfähigkeit kleiner Unternehmen zu stärken, nicht zu vereinbaren wäre. Im Ergebnis wurde damit nun auch im internationalen Kontext das Segmentierungsverbot bestätigt, welches der XI. Senat des BFH im Urteil vom 11.07.2018 (BFH XI R 36/17) bereits für Inlandssachverhalte bestätigt hatte.