Ausweitung der Mitwirkungsplichten zur Prüfung der Angemessenheit von Verrechnungspreisen
Auf verschiedene Entwicklungen im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Dokumentation der Angemessenheit von Verrechnungspreisen in grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen, insbesondere im Verhältnis zwischen in Spanien ansässigen Unternehmen sowie deren deutschen Tochtergesellschaften oder Betriebstätten, hatten wir in diesem Newsletter immer wieder aufmerksam gemacht (vgl. zuletzt unsere Beiträge zu den Ausgaben April und Oktober 2020). Gesetzliche Grundlage für die sog. erweiterte Mitwirkungspflicht von beschränkt bzw. unbeschränkt steuerpflichtigen Unternehmen in Deutschland ist bei Auslandssachverhalten § 90 Abs. 2 AO. Hiernach besteht die Pflicht, die relevanten Auslandssachverhalte unter Ausschöpfung aller rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen (sog. Beweisvorsorge). Werden diese Pflichten verletzt, können die Finanzbehörden die Besteuerungsgrundlagen schätzen (§ 162 AO).
Mit Schreiben vom 03.12.2020 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nun neue Verwaltungsgrundsätze zur Interpretation der gesetzlichen Mitwirkungspflichten erlassen, die die Finanzämter insbesondere bei der Prüfung von Verrechnungspreisen zu beachten haben (sog. Verwaltungsgrundsätze 2020, IV B 5 - S 1341/19/10018 :001, nachfolgend „VWG 2020“). Hiernach ist etwa sicherzustellen, dass Unterlagen einer ausländischen nahestehenden Person, die für die Besteuerung des Beteiligten relevant sind, nicht vor Ablauf der inländischen Aufbewahrungsfristen vernichtet werden. Zu den vorlagepflichtigen Beweismitteln gehören nach Auffassung des BMF nicht nur die Daten für die Überprüfung der durch den Steuerpflichtigen konkret gewählten, sondern auch die Daten für alle anderen potenziell denkbaren Verrechnungspreismethoden in Bezug auf die zu prüfenden Geschäftsbeziehungen, was auch eine Pflicht zur Vorlage aller vorhandenen Gutachten und Stellungnahmen von externen Beratern umfassen soll. Vorlagepflichtig sollen nun auch E-Mails und andere elektronische Nachrichten sein (WhatsApp & Co.), soweit diese geschäftliche Kommunikation mit steuerlichem Bezug enthalten. Zur Erfüllung der gesetzlichen Pflicht zur Beweisvorsorge gehöre auch eine vertragliche Absicherung des Zugriffs auf im Ausland befindliche Beweismittel, sind in einer inländischen und einer ausländischen Gesellschaft dieselben natürlichen Personen als Geschäftsführer eingesetzt, geht die deutsche Finanzverwaltung vom Bestehen der Möglichkeit einer Informationsbeschaffung aus.
Ob die vorstehenden verwaltungsinternen Anweisungen sowie die für dieses Jahr noch angekündigten „Verrechnungspreisleitlinien 2021“ einer gerichtlichen Überprüfung standhalten, bleibt abzuwarten, nach Auffassung des Bundesfinanzhofs sind alle Mitwirkungspflichten daraufhin überprüfbar, ob diese erforderlich, zumutbar und verhältnismäßig sind (BFH X B 34/07), vom laufende Revisionsverfahren BFH I R 4/17 wird eine weitere Klärung erwartet.