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Ausweg aus der Insolvenzkrise: Der Verkauf der Produktionseinheit

30/10/2020
| Unai Mieza
Ausweg aus der Insolvenzkrise: Der Verkauf der Produktionseinheit

Am 1. September 2020 ist das neue Insolvenzgesetz in Kraft getreten. Dieses präzisiert, harmonisiert und systematisiert eine Materie, die unter seinem Vorgängergesetz Gegenstand unzähliger und unsystematischer Teilreformen war.

Grundsätzlich bleiben die Instrumente im Insolvenzverfahren die gleichen, von dem allgemein als Vorinsolvenzsverfahren bekannten Abschnitt, der darauf abzielt, eine Vereinbarung zur Refinanzierung der Verbindlichkeiten des Unternehmens mit den Gläubigern zu erreichen, um so ein Insolvenzverfahren zu vermeiden oder die Zustimmung der Gläubiger zu einer vorgeschlagenen Vereinbarung zu erhalten, bis hin zur Expressliquidation eines Unternehmens, das über keine Vermögenswerte verfügt und für das die Fortführung der Aktivität ausgeschlossen ist. Das Vorgehen hängt von der Entscheidung der Insolvenzverwalter ab. Die notwendigen Schritte nicht hinauszuzögern ist im ureigenen Interesse der Gesellschaft, um eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation und ggf. die verbundene Haftung der Geschäftsführer zu vermeiden.

An Neuerungen ist die Änderung in Bezug auf die (vollständige oder teilweise) Übertragung einer Produktionseinheit hervorzuheben. Diese Übertragung kann vom Beginn des Verfahrens an erfolgen, was eine weitere massive und fortschreitende Verschlechterung der Situation vermeiden kann. Ebenso kann sie während einer Insolvenzvereinbarung vollzogen werden. Dann ist sie an die Bedingungen anzupassen, die der Richter in der Vereinbarung festgehalten hat und es bedarf zudem einer prozentualen Stimmmehrheit der Gläubiger für die Vereinbarung. Schließlich kann die Übertragung auch noch in der Phase der Liquidation erfolgen, in der die Bedingungen der Insolvenzvereinbarung nicht eingehalten werden müssen.

Das neue Gesetz enthält in diesem Zusammenhang eine Neuerung für Dritte, die an den Produktionseinheiten von Unternehmen in der Krise interessiert sind. Diese werden nunmehr von den Arbeits- und Sozialversicherungsschulden des vorherigen Eigentümers für die Arbeitsverträge befreit, die der neue Eigentümer nicht übernimmt und müssen mithin nur die Kosten für die Arbeitnehmer übernehmen, die im Unternehmen verbleiben.

Eine weitere Neuheit betrifft schließlich die Art und Weise der Übertragung der Produktionseinheit. Diese kann gerichtlich, außergerichtlich oder auf andere Weise erfolgen. Hierzu wird die Figur der so genannten „spezialisierten Unternehmen“ eingeführt, die den Verkauf der Produktionseinheit agiler und professioneller gestalten sollen und deren Honorare zu Lasten der Gebühren der Insolvenzverwalter gehen.

Insgesamt sollen die Neuerungen Anreize für Dritte schaffen, Unternehmensbereiche oder das gesamte Unternehmen zu erwerben, ohne die manchmal untragbaren Schulden der insolventen Partei zu übernehmen, was eine Übernahme bislang oftmals unattraktiv machte. Dadurch soll dem Unternehmen in Schwierigkeiten ein möglicher Ausweg aus der Krise ermöglicht werden.

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