Ausschluss beschränkt Steuerpflichtiger von der Quellensteuerermäßigung auf Dividenden verstößt in der Verlustsituation gegen die Kapitalverkehrsfreiheit
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Dividenden von in Deutschland ansässigen Kapitalgesellschaften unterliegen unabhängig von der Beteiligungshöhe und dem persönlichen Steuerstatus des Empfängers, d.h. sowohl im Rahmen der unbeschränkten als auch der beschränkten Steuerpflicht im Rahmen der Einkommen- als auch der Körperschaftsteuer, einem 25 %-igen Steuerabzug. Bei Dividenden, die nicht den in deutsches Recht umgesetzten Vorschriften der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie für Ausschüttungen an ausländische Kapitalgesellschaften unterliegen, erhöht sich dieser Quellensteuerabzug um den 5,5 %-igen Solidaritätszuschlag. was zu einem kombinierten Steuerabzug von 26,375 % führt.
Soweit die Dividenden diesem Steuerabzug unterlegen haben, ist die Einkommensteuer grundsätzlich mit dem Steuerabzug abgegolten. Auf Antrag eines der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegenden Gläubigers, der die Anteile in seinem steuerlichen Privatvermögen hält, können die Dividenden jedoch in die steuerliche Veranlagung einbezogen werden, in deren Rahmen eine Anrechnung, bzw. in der Verlustsituation des Anteilseigners eine Erstattung, des Steuerabzugs möglich ist. Eine Anrechnung bzw. Erstattung erfolgt auch, wenn sich die Anteile im steuerlichen Betriebsvermögen befinden und die Dividenden lediglich in Höhe von 60 % in die steuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen werden (sog. Teileinkünfteverfahren). Unterliegt der Dividendenempfänger der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht, wird der Steuerabzug vom Kapitalertrag sowohl im Rahmen der Veranlagung steuerpflichtiger Streubesitzdividenden (bei Beteiligungsquote unter 10 %) als auch bei einer Steuerfreistellung sog. Schachteldividenden (bei Beteiligungsquote ≥ 10 %), angerechnet bzw. in der Verlustsituation erstattet.
Bei beschränkt Steuerpflichtigen gilt die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer demgegenüber für inländische Dividendeneinkünfte, die dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegen, durch den Steuerabzug als abgegolten, soweit in Deutschland keine Betriebstätte unterhalten wird, so dass es möglich ist, dass ein im Ausland ansässiger Anteilsinhaber auch in einem Verlustjahr mit einer definitiven Steuer in Deutschland belastet ist.
Eine solche unterschiedliche Behandlung in Abhängigkeit von der steuerlichen Ansässigkeit des Dividendenempfängers verstößt nach dem Urteil des EuGH 19.12.24 – C-601/23 (Credit Suisse Securities (Europe) Ltd. ./. Diputación Foral de Bizkaia) in der Verlustsituation gegen die EU- Kapitalverkehrsfreiheit. Bei Dividenden, die den in deutsches Recht umgesetzten Vorschriften der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie für Ausschüttungen an ausländische Kapitalgesellschaften unterliegen, wird eine deutscher Quellensteuer auf Antrag stets vollständig durch Freistellung oder Erstattung ermäßigt, so dass sich die Diskriminierung auf alle anderen Dividenden beschränkt Steuerpflichtiger beschränkt. Diese sollten in der Verlustsituation bei den deutschen Steuerbehörden die Erstattung eines Steuerabzugs geltend machen (vgl. hierzu die Urteilsanalyse des Verfassers in der Zeitschrift Internationales Steuerrecht (IStR 2025, Heft 5).