Anzeichen für Zahlungsunfähigkeit bei verspäteter Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen
Der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit war schon mehrfach Gegen-stand dieses Newsletters. Das liegt nicht etwa daran, weil es sonst aus dem In-solvenzrecht nichts zu berichten gäbe. Das deutsche Insolvenzrecht knüpft jedoch bei Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit als Insolvenzgrund harte Haf-tungstatbestände zulasten der Geschäftsführung eines Unternehmens, wobei sich diese oftmals über ihre Rechtsverletzung gar nicht bewusst ist. Denn der Rechtsbegriff der Zahlungsunfähigkeit erscheint zunächst inhaltlich re-lativ klar bestimmbar zu sein.
Die jüngere Rechtsprechung des BGH lehrt jedoch etwas anderes: In seinem Urteil vom 7.5.2015 (IX ZR 95/14) beschäftigt sich der BGH erneut mit der Frage, aus welchen äußeren Umständen (Indizien) auf das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens und auf die Kenntnis des Gläubigers von dieser Situation geschlossen werden kann. Zur Erinnerung: Ist Zahlungsunfähigkeit als Insolvenzgrund gegeben, stellt der Geschäftsführer dennoch (zunächst) keinen Antrag auf Insolvenzeröffnung, so macht er sich persönlich schadensersatzpflichtig. Und sind dem Gesellschaftsgläubiger diese Umstände bekannt, so kann der Insolvenzverwalter die Zahlungen an diesen Gläubiger anfechten und rückabwickeln.
In der vorgenannten Entscheidung hat der BGH folgende Umstände als Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit ausrei-chen lassen: schleppender Ausgleich offener Sozialversicherungsbeiträge mit nicht unerheblichen Beitragsrückständen über viele Monate, zögerliche Zahlung von Steuerverbindlichkeiten sowie die fehlende Begleichung der Forderungen eines Gläubigers in nicht unerheblicher Höhe. Der BGH hat ferner die Kenntnis der Sozialversicherung von der Zahlungsunfähigkeit bejaht, weil sie nur schleppend und teilweise bedient worden war. Folglich hat das Gericht die Anfechtung der Zahlungen des Unternehmens an die Sozialversicherung durch den Insolvenzverwalter als rechtswirksam erachtet.