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Aktuelle Fragen der Umsatzsteuer rund um die Geschäftsveräußerung im Ganzen

28/02/2025
| Frank Behrenz
Aktuelle Fragen der Umsatzsteuer rund um die Geschäftsveräußerung im Ganzen

Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht, liegt eine sog. Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, die nicht der Umsatzsteuer unterliegt, wenn diese an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erfolgt (§ 1 Abs. 1a UStG). In Rechnungen ausgewiesene Vorsteuerbeträge anderer Unternehmer für die Inanspruchnahme von Leistungen in diesem Zusammenhang sind gleichwohl grundsätzlich als allgemeine Kosten des veräußernden Unternehmers abzugsfähig.

In unseren Beiträgen zu den Ausgaben Mai 2019 und März 2020 hatten wir bereits über die Frage berichtet, unter welchen Voraussetzungen die Übertragung von Geschäftsanteilen an einer GmbH ausnahmsweise als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen zu qualifizieren sein kann und nicht – wie im Regelfall - als ein nach § 4 Nr. 8 Buchstabe f) UStG steuerfreier Umsatz, der das Recht auf den Abzug von Vorsteuer ausschließt (§ 15 (2) Nr. 1 UStG), soweit nicht wirksam zur Umsatzsteuerpflicht optiert wird (§ 9 UStG).

In jüngster Zeit hatten sich die Finanzgerichte mehrfach mit weiteren Steuerfragen der Geschäftsveräußerung im Ganzen zu beschäftigen:

(1)    Mit Urteil vom 29.08.2024 (V R 41/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Betriebsfortführung zugunsten eines Dritten kein Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen ist, da sich die Regelung auf Leistungen beschränkt, die zwischen einem Übertragenden und einem Übertragungsempfänger erbracht werden und daher keine Umsätze erfasst, die an Dritte ausgeführt werden. Für diese kommt die Regelung daher lediglich dann in Betracht, wenn auch insoweit eine (weitere) Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt.

(2)    Das Finanzgericht (FG) Münster hat mit einem mittlerweile rechtskräftigen Urteil vom 27.08.2024 (15 K 2717/22 U) entschieden, dass bei einem Teilrücktritt von einem Kaufvertrag, der ursprünglich al nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen zu qualifizieren war, keine Änderung der Bemessungsgrundlage eintritt. Denn § 17 UStG könne auch auf der Basis des Unionsrechts nicht dahingehend interpretiert werden, dass ein im Grundsatz nicht steuerbarer Vorgang nach einem Teilrücktritt vom zugrundeliegenden Vertrag als steuerbare und steuerpflichtige Lieferung anzusehen ist, da Art. 90 MwStSystRL lediglich eine Änderung der Steuerbemessungsgrundlage, nicht jedoch eine Umqualifizierung in einen steuerbaren Umsatz vorsieht.

(3)    Nach Auffassung des FG Schleswig-Holstein (Urteil vom 14.3.2024 – 4 K 75/23) liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, wenn ein ehemals von einem Veräußerer allein betriebenes Unternehmen auf eine Vielzahl (im Streitfall: zehn) Erwerber übertragen wird. Abzuwarten bleibt, ob der BFH diese Auffassung im Rahmen des laufenden Revisionsverfahrens bestätigt (XI R 12/24).

Die vorgenannten Entscheidungen zeigen die Notwendigkeit einer sorgfältigen Strukturierung und Planung von Unternehmenstransaktionen durch die Betroffenen und ihre steuerlichen Berater.

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