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Was haben Leo Messi und das Unternehmen Apple gemeinsam?

31/10/2016
| Javier Valls, LL.M.
Was haben Leo Messi und das Unternehmen Apple gemeinsam?

In den letzten Monaten waren sowohl der Spieler des FC Barcelona, Leo Messi, als auch die Firma Apple aus ein und demselben Grund in den Medien: Die Steuerbehörden forderten von ihnen hinterzogene Steuern. In Messis Fall endete dies mit einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in Spanien.

Sowohl Messi als auch Apple (und viele andere wie z.B. Google) haben substanzlose Gesellschaften außerhalb ihrer jeweiligen (Wohn-)Sitzländer genutzt, um entgegen den Vorschriften der spanischen (im Falle Messi) und der US-amerikanischen Gesetze (im Falle Apple) die Gewinne ihrer Tätigkeiten zu maximieren.

Substanzlose Gesellschaften

Diese Art von Gesellschaften existiert auf dem Papier, ist aber wertlos, weil sie weder Substanz noch Personal haben. Ihre Gesellschafter und Verantwortlichen haben ihren ständigen Wohnsitz in anderen Ländern, in denen sie auch ihr Geld verdienen (Messi in Spanien und Apple hauptsächlich in Europa und den USA), aber das verdiente Geld wird scheinbar in den Ländern verdient und gelagert, in denen die Zwischengesellschaft ihren Sitz hat. Selbstverständlich haben diese Gesellschaften ihren Sitz in Staaten mit sehr geringer Körperschaftsteuer für im Ausland generierte Gewinne.

Dazu besteht ein weiteres Problem: Das künstlich von diesen Gesellschaften verdiente Geld wird in diesen Ländern „gehortet“ und im steuerlichen Sinne nicht ausgeführt (auch, wenn es als Kapital für Investitionen in andere Länder ausgeführt werden kann), so dass diese Gelder niemals in Europa oder den USA versteuert werden. Die Verantwortlichen von Apple haben der US-amerikanischen Regierung vor einigen Wochen bereits angezeigt, dass sie die kumulierten Gewinne dieser Zwischengesellschaften nicht in das US-Territorium zurückbringen würden, denn dann läge die Besteuerung um ein Vielfaches höher.

Keine „wirtschaftlich belastbaren Gründe“

Keinesfalls fordern die Steuerbehörden, dass Firmen und natürliche Personen ihre Geschäfte nicht frei und nach eigenem Ermessen führen können. Jedoch wird kritisiert, dass so im Endergebnis eine erheblich niedrigere Steuerbelastung in den europäischen Staaten und den USA anfällt, als wenn die Geschäfte direkt in den (Wohn-) Sitzstaaten der Betroffenen versteuert würden. In diesem Falle geht man davon aus, dass keine „wirtschaftlich belastbaren Gründe“ (sog. „motivos económicos válidos“) vorliegen, die eine rechtmäßige Existenz dieser in Wirklichkeit substanzlosen Gesellschaften rechtfertigen.

Meist Eltern als Vermögensverwalter

Unbeschadet der Tatsache, dass Messi und Apple ähnliche Strategien verwendet haben, besteht ein fundamentaler Unterschied zwischen beiden Fällen, und zwar hinsichtlich der steuerberatenden Personen beider Steuerpflichtiger. Bei den Sportlern ist es häufig so, dass sich von Anfang an die Eltern um die Karriere und somit auch um die Vermögensverwaltung, einschließlich der steuerlichen Aspekte, des Kindes kümmern. Die Eltern wählen Rechtsanwälte und Steuerberater aus, ohne dass das Kind in der Regel Kenntnis von der Verwaltung des Vermögens und den steuerrechtlichen Angelegenheiten hat. Ein Bespiel ist Steffi Graf in Deutschland oder in Spanien Arantxa Sánchez Vicario bzw. Messi. In all diesen Fällen war die Reaktion der in die Ermittlungen geratenen Sportler auf die Fragen der Steuerbehörden zu ihrer Einkommens- und Vermögenssituation stets dieselbe: „Ich weiß von nichts; mein Vater hat immer alles gemacht, und ich vertraue ihm.“

In diesem Fall haben die Steuerbehörden eine zusätzliche Schwierigkeit: Wie kann eine Person beschuldigt werden, ihre Steuern nicht ordnungsgemäß gezahlt zu haben, wenn er oder sie nichts wusste? Bußgelder oder Strafen implizieren regelmäßig vorsätzliches oder jedenfalls fahrlässiges Verhalten. Wusste der steuerpflichtige Sportler demnach, dass er etwas Unrecht- mäßiges tat? In der Regel ist die Antwort „nein“. Andererseits existiert dieses Problem nicht im Falle der Unternehmen; kein Verantwortlicher im Unternehmen kann behaupten, nichts gewusst zu haben, da die Steuerberatung in Unternehmen auf einem anderen Niveau abläuft.

Konsequente Gesetzesanwendung erst seit wenigen Jahren

Und dies führt uns zur letzten Frage. Bestand das Risiko, etwas falsch oder auf sehr risikoreiche Weise zu tun schon immer oder ist dieses Risiko neu? Tatsächlich wurden die Maßnahmen zur Steuerumgehung und Steuerflucht u.a. im Kampf gegen diese Art der Gesellschaften bereits in den 1960er Jahren in den USA eingeführt und gelangten nachfolgend auch nach Europa, z.B. das 1973 in Deutschland in Kraft getretene Außensteuergesetz oder die in den 1990er Jahren in Spanien entsprechend eingeführten Gesetze. Die spanischen Steuerbehörden und Gerichte benötigten ca. 10 bis 20 Jahre, um diese Gesetze wirksam anzuwenden (bis Richter und Staatsanwälte nicht in einer Materie fortgebildet sind und sich weder eine herrschende Meinung in der Literatur, noch eine soziale Bewegung in der Bevölkerung gebildet hat, die die Einhaltung der neuen Gesetze einfordert, ist die Anwendung dieser Art Gesetze häufig ungeordnet und widersprüchlich). Aus diesem Grunde kommen diese Gesetze erst seit wenigen Jahren konsequent zur Anwendung. Eine einheitliche, ständige Rechtsprechung hat sich bisher noch immer nicht entwickelt, so dass vermutlich noch heute einige der aktuellen Prozesse (auch Korruptionsfälle in der Politik, ebenfalls ein neues Delikt) ohne Strafen ausgehen dürften.

Erleichterung durch zwischenstaatlichen Informationsaustausch

Ein entscheidender Faktor, der die Prüfung solcher Fälle erleichtert hat, ist der zwischenstaatliche Informationsaustausch zu steuerlichen Zwecken, der erst seit wenigen Jahren effektiv betrieben wird, und der Richtern und Steuerbehörden belastbare Informationen als Basis für Sanktionen gegen Steuerpflichtige liefert.

Da die Durchbrechung des Prinzips der Unschuldsvermutung im strafrechtlichen Bereich schwierig ist, hat das Informationsaustauschsystem wesentliche Erleichterungen gebracht. In diesem Sinne werden heute Fälle ermittelt, welche ihren Ursprung der Steuerhinterziehung schon vor Jahrzehnten hatten (z.B. der Fälle von Alice Schwarzer in Deutschland und der Familie Pujol-Ferrusola in Spanien).

Keine gesellschaftspolitische Ächtung

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die heutzutage untersuchten Praktiken (Zwischengesellschaften ohne Substanz) seit vielen Jahren genutzt wurden, aber die Steuerbehörden keine Ermittlungen führten, da die Praktiken in gewisser Weise gesellschaftspolitisch nicht geächtet waren, und weder die Gesetze ausreichend, noch die Steuerbeamten in der Lage waren, steuerrelevante Informationen aus anderen Ländern zu erhalten.

Diese substanzlosen Gesellschaften haben seit den 1990er Jahren einen erheblichen Boom erlebt; im Gegensatz zu früher werden diese Praktiken heutzutage nicht mehr geduldet, sondern ggf. strafrechtlich verfolgt. Genau diese veränderten Vorgehensweisen aufgrund neuer Gesetze und Rechtsprechung haben weder die Unternehmen noch die Sportler und deren Berater beachtet. Vielmehr gingen alle davon aus, dass sich die Dinge nicht verändern würden. Aber, wie bereits der ehemalige EU- Kommissar für den Binnenmarkt und Wettbewerb, Mario Monti, 1998 erklärte: „The climate is changing“.

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