Was haben El Corte Inglés und die Internetplattform Airbnb gemeinsam?
Während wir uns alle in guter Gesellschaft auf die Feierlichkeiten des Jahreswechsels vorbereiteten, wurde am 30.12.2017 eine Reform der Steuerverordnung („Reglamento General de Gestión e Inspección“) im Staatsanzeiger veröffentlicht, die am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft trat.
Mit Einführung des neuen Art. 54 ter werden die Internetplattformen, die die Vermietung von Immobilien für touristische Zwecke vermitteln, z.B. Airbnb, verpflichtet, der spanischen Finanzverwaltung ab Januar 2018 ausführliche Informationen über die von den Eigentümern der Wohnungen erzielten Einkünfte zur Verfügung zu stellen. In den kommenden Wochen wird ein neues Steuerformular verabschiedet, das die Plattformen für diese Zwecke nutzen müssen. Doch warum verlangen die Finanzbehörden nunmehr diese Informationen, die bis vor kurzem in ihren Augen relativ irrelevant waren? Und was hat El Corte Inglés damit zu tun? Schauen wir uns dies Schritt für Schritt an.
Information der Zahlenden
Vor einigen Jahren bereits stellte die Finanzverwaltung fest, dass die Prüfung der von den Steuerpflichtigen abgegebenen Steuererklärungen am besten funktioniert, wenn sie regelmäßige Informationen von denjenigen erhält, die Zahlungen an die Steuerpflichtigen geleistet haben. Ohne die Informationen der Zahlenden war es erheblich schwieriger, die Einkünfte der Steuerpflichtigen zu prüfen. Aus diesem Grund wurde in einer ersten Phase damit begonnen, einmal im Jahr von den Unternehmen Informationen zu den ausgezahlten Gehältern ihrer Mitarbeiter zu verlangen.
Danach wurden die Banken verpflichtet, Auskunft über ihre Kunden bezüglich deren Einkünfte aus Zinsen, Dividenden, Gewinnen aus Vermögensverwaltung sowie Beiträgen zu Pensionsplänen, die ebenfalls von ihnen verwaltet werden, zu geben. Einige Jahre später wurden auch die Notare verpflichtet, Informationen über von ihnen beurkundete Transaktionen (Kaufverträge, Gründung und Liquidierung von Gesellschaften, etc.) zu übermitteln. Mit demselben Ziel der Immobilientransaktionskontrolle wurden auch die Immobiliengutachter (sociedades tasadoras de inmuebles) verpflichtet, Einzelheiten zu den Immobilienwerten, an deren Bewertungen sie beteiligt waren, zu übermitteln. Ziel war es zu verhindern, dass der Verkäufer einen geringeren als den Verkaufswert deklarierte.
Vor einigen Jahren ging man aber noch einen Schritt weiter. Wenn Unternehmen an wirtschaftlichen Aktivitäten beteiligt sind, bei denen Verbraucher eine gewisse wirtschaftliche Relevanz aufweisen, sind sie verpflichtet, detaillierte Auskunft über die Eckdaten solcher Aktivitäten zu liefern, damit die Finanzverwaltung kontrollieren kann, ob die Konsumenten ordnungsgemäß ihre Einkünfte deklarieren, die die entsprechenden Ausgaben rechtfertigen; mit anderen Worten, wer viel ausgibt, muss auch viel verdient haben. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist es unerlässlich, die ordnungsgemäße Versteuerung der Einkünfte des steuerpflichtigen Konsumenten zu prüfen. Wie in all diesen Fällen feststellbar ist, handelt es sich nicht um eine direkte Kontrolle der Steuerpflichtigen, sondern um eine indirekte Prüfung von Daten, die von Dritten, mit denen der Steuerpflichtige Geschäfte tätigt, gesammelt werden.
Forderung detaillierter Daten über Einkäufe der Kunden
Schlussendlich erreichte diese Tendenz auch El Corte Inglés. Mit Urteil der Audiencia Nacional vom 26. Juli 2012 wurde die Rechtmäßigkeit der Forderung der Finanzverwaltung gegenüber dem Corte Inglés bestätigt, dass dieser der Finanzverwaltung detaillierte Daten über mit Kreditkarten gezahlte Einkäufe gewisser Kunden zu übermitteln hat, um die Richtigkeit der deklarierten Einkünfte dieser Kunden nachvollziehen zu können. Dieses Urteil der Audiencia Nacional ist als Schlusspunkt eines Prozesses zu betrachten, der vor einigen Jahren durch die zentrale Finanz- und Verwaltungsbehörde Tribunal Económico Administrativo Central (TEAC) eingeleitet wurde, um der Verwaltung den Anspruch zu verleihen, steuerrelevante Informationen zu erhalten.
Entscheidungen der Finanz- und Verwaltungsbehörde
Als Beispiele seien zwei Entscheidungen der Finanzbehörde TEAC vom 10. Juni 2009 und 25. Juni 2009 erwähnt. In beiden Fällen wurde die Wirksamkeit einer Forderung der Verwaltung gegenüber einer Kreditkartenfirma im ersten und einer Bank im zweiten Fall geprüft, detaillierte Informationen über Transaktionen ihrer Kunden zu liefern.
In der ersten Entscheidung hatte eine spanische Kreditkartenfirma die Forderung angefochten, Auskunft über alle Transaktionen ihrer Kunden über 6.000 Euro in den Jahren 2006 und 2007 erteilen zu müssen (Namen der Kunden, getätigte Transaktionen, Wert der Transaktionen sowie deren Kontonummern, von denen die Beträge abgebucht wurden). In der zweiten Entscheidung weigerte sich eine spanische Bank, Daten von Kontoinhabern mit einem Guthaben von mehr als 3 Millionen Euro in den Jahren 2006 und 2007 mitzuteilen. In beiden Fällen erklärte die Finanzbehörde TEAC die Forderungen für rechtswidrig mit der Begründung, dass, im ersten Fall zu viele Daten gefordert wurden und die in Rede stehenden Beträge keine steuerliche Relevanz hätten; abgesehen von der Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme (es sei keine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung feststellbar, wenn 6.000 Euro jährlich über Kreditkarten gezahlt würden, mithin ein Konsum von 500 Euro monatlich). Wenn die Verwaltung einen Wert über 6.000 Euro beziffert hätte, wäre die Maßnahme als verhältnismäßig gerechtfertigt gewesen. Im Gegensatz dazu wurde es im zweiten Fall als gerechtfertigt angesehen, diese Informationen für die Besteuerung gemäß der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einzufordern; die Forderung wurde auch als verhältnismäßig eingestuft, da Guthaben von mehr als 3 Millionen Euro Einkünfte außerhalb des normalen Maßes darstellten und bei wenigen Personen vorzufinden seien. Diese letzte Entscheidung wurde vom Obersten Gerichtshof (Tribunal Supremo) mit Urteil vom 20. November 2014 bestätigt.
Auf diese Weise wurde Schritt für Schritt ein komplexes System zum Erhalt von Informationen aufgebaut, die regelmäßig bei der Finanzverwaltung eingehen. Insofern ist die wichtigste Steuererklärung nicht mehr diejenige, mit der ein zu zahlender Steuerbetrag zu deklarieren und zu zahlen ist; vielmehr haben sich die informativen Steuererklärungen Dritter über Einkünfte anderer Steuerpflichtiger zur wesentlichen Säule des spanischen Steuersystems entwickelt.
Internetplattformen als „Kooperationsbüros“
Und schlussendlich kommen wir auf die Internetplattformen für die Vermietung von Immobilien zu touristischen Zwecken zurück. Was haben diese Unternehmen, die großteils nicht in Spanien steuerlich ansässig sind, was jede – und nicht nur die spanische – Finanzverwaltung benötigt? Die Antwort ist einfach: Informationen zu Einkünften, die die Immobilieneigentümer durch Vermietung erzielen. Wie bei den vorherigen Fällen beschwerten sich diese Unternehmen vor einigen Jahren und erklärten, nicht länger kooperieren zu wollen. Sie mussten jedoch hinnehmen, dass die Finanzverwaltung sie in „Kooperationsbüros“ verwandelte. Aus diesem Grund muss heutzutage jeder Eigentümer, der diese Plattformen zur Vermietung verwendet, wissen, dass die Finanzverwaltung jegliche mit der Vermietung zusammenhängenden Daten erhält (Katasternummer, vermietete Tage, Mieteinkünfte, etc.) Auch die Verwaltungen der Autonomen Regionen werden hierdurch indirekt begünstigt, wenn sie diese Vermietungen mit einer Touristensteuer belegt. Die Finanzverwaltung beginnt insofern mit der Kontrolle des Tourismussektors, der bis vor einigen Jahren völlig irrelevant war, aber der dank dieser Internetplattformen außerordentlich gewachsen ist, wie in unserem Artikel in dieser Zeitschrift Nr. 2/2017 beschrieben wurde.