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Vorsteuerabzug oder Vorsteuervergütung bei sog. passiven Betriebstätten?

29/02/2024
| Frank Behrenz
Vorsteuerabzug oder Vorsteuervergütung bei sog. passiven Betriebstätten?

In Deutschland bestehende Räumlichkeiten spanischer Unternehmen, in welchen Personal tätig ist, welches sich ausschließlich auf sog. Hilfs- oder Nebentätigkeiten im Sinne von Art. 5 Abs. 4 des DBA beschränkt (z.B. Warenlager, Einkaufs- oder Repräsentationsbüros), lösen in Deutschland bei Nachweis der Abkommensberechtigung mittels einer steuerlichen Ansässigkeitsbescheinigung der spanischen Finanzverwaltung keine Ertragssteuerbelastung aus. Diese sind lediglich nach innerstaatlichem deutschem Steuerrecht als Betriebstätten anzusehen, die das Unternehmen zur Einbehaltung und Abführung von Lohnsteuer für die im Inland beschäftigten Mitarbeiter verpflichtet.

Fallen in diesem Kontext mit deutscher Umsatzsteuer belastete Kosten (z.B. für die Anmietung von Büroräumlichkeiten) an, stellt sich die Frage, ob diese Kosten (a) spätestens neun Monate nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres im Vorsteuervergütungsverfahren durch Antragstellung beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) über das Onlineportal der spanischen Finanzverwaltung (erforderlicher Mindestbetrag EUR 1.000 netto vor Umsatzsteuer) oder (b) durch Abgabe von laufenden Voranmeldungen sowie einer Jahressteuererklärung (ohne betragsmäßige Limitierung) geltend gemacht werden können. Entscheidendes Kriterium ist in diesem Zusammenhang, ob eine inländische Betriebstätte i.S.v. § 59 Satz 2 UStDV anzunehmen ist, bei der das Vorsteuervergütungsverfahren zugunsten des Veranlagungsverfahrens ausgeschlossen ist.

Der Begriff der Betriebstätte wird im deutschen Umsatzsteuerrecht unabhängig von der Definition in der deutschen Abgabenordnung im Licht der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) interpretiert, die allerdings für den dort verwendeten Komplementärbegriff der festen Niederlassung keine Definition enthält. Seit 2011 ist der Begriff in Art. 11 MwStDVO definiert, wonach die Niederlassung einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweisen muss, die es ihr von der personellen und technischen Ausstattung her erlaubt, Dienstleistungen, die für den eigenen Bedarf dieser Niederlassung erbracht werden, zu empfangen und dort zu verwenden. Die Erbringung einer nach außen gerichteten umsatztragenden Tätigkeit verlangt der Wortlaut nicht, so dass nach dem reinen Wortlaut auch derartige sog. „passive Betriebstätten“ berechtigt zu sein scheinen, den Vorsteuerabzug im normalen Veranlagungsverfahren geltend zu machen. Während die Richtlinien der deutschen Finanzverwaltung von dieser Begriffsbestimmung auszugehen scheinen (vgl. z.B. Abschnitt 3a.2 Abs. 4 UStAE) ist die Frage in der Rechtsprechung bislang nicht geklärt.

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 27.06.2023 hat nun das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (2 K 2072/22) für das inländische Büro einer ausländischen Hotelkette, welches für diese im Inland im Wesentlichen nur Werbeleistungen einkauft, aber keine eigenen Ausgangsumsätze erzielt, entschieden, dass eine Steuerveranlagung im Regelverfahren mangels eigener wirtschaftlicher Tätigkeit im Inland nicht in Betracht kommt (Revision beim Bundesfinanzhof: BFH XI R 27/23).

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