Insolvenzrechtliche Haftung des Geschäftsführers einer Auslandsgesellschaft in Deutschland
Die Haftungsnorm des § 64 GmbHG sieht eine persönliche Haftung des Geschäftsführers einer GmbH grundsätzlich immer dann vor, wenn nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung Zahlungen geleistet werden. Nur wenn die Zahlung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar ist, greift die Haftungsnorm nicht. Hieraus resultieren im deutschen Recht erhebliche Haftungsrisiken zulasten des Geschäftsführers. Sinn und Zweck der Norm ist die möglichst gleichmäßige Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger. Aufgrund ihrer großen Bedeutung für die Praxis war die Vorschrift des § 64 GmbHG bereits an anderer Stelle Gegenstand dieses Newsletter, stets jedoch im Zusammenhang mit der Haftung des Geschäftsführers einer deutschen GmbH. Diese Haftung hat nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) um eine weitere Dimension erweitert. In seinem Urteil vom 10 Dezember 2015 (Rs. C-594/14) entscheidet er ausdrücklich, dass eine nationale Haftungsvorschrift wie § 64 GmbHG auch auf den Direktor einer GmbH englischen oder walisischen Rechts, über deren Vermögen in Deutschland das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, anwendbar ist. Die Durchführung eines Insolvenzverfahrens vor deutschen Gerichten ist auf der Grundlage der Europäischen Insolvenzverordnung (EuInsVO) möglich, wenn eine EU-Auslandsgesellschaft über Vermögen in Deutschland verfügt. In seiner Entscheidung stellt der EuGH fest, dass eine nationale Bestimmung wie § 64 GmbHG nicht geeignet ist, die europäische Niederlassungsfreiheit einzuschränken. Nur dann wäre die Anwendung dieser deutschen Haftungsnorm zu verneinen. Durch diese aktuelle Entscheidung des EuGH wird in besonderem Maße deutlich, dass die Wahl einer ausländischen Rechtsform für eine Unternehmung in Deutschland nicht unbedingt vor einer Haftung nach deutschem Gesellschafts- und Insolvenzrechts schützt.