Die Pflicht zur Ausschüttung von Gewinnen in spanischen Kapitalgesellschaften
Falls eine Kapitalgesellschaft innerhalb eines Geschäftsjahres Gewinne erzielt, muss die Gesellschafterversammlung über deren Verwendung bestimmen. Nach Anlage der gesetzlich erforderlichen Mindestrücklagen können die Gesellschafter mit den verbleibenden Gewinnen weitere Rücklagen anlegen oder Investitionen tätigen. Alternativ können die verbleibenden Gewinne aber auch an die Gesellschafter ausgeschüttet werden.
Obwohl die Gesellschafterversammlung die Frage der Gewinnverwendung grundsätzlich frei entscheiden kann, gab es in Spanien bereits mehrere Gerichtsentscheidungen, durch welche Gesellschaften dazu verpflichtet wurden, Gewinne an die Gesellschafter auszuschütten. Diesen Entscheidungen lagen vor allem Fälle zugrunde, in denen die Mehrheitsgesellschafter den Minderheitsgesellschaftern in missbräuchlicher Weise ihr Recht auf Gewinnbeteiligung vorenthielten und beispielsweise von einer hohen Vergütung des Geschäftsführeramtes profitierten. Gesellschafterbeschlüsse, die zum Schaden der Minderheitsgesellschafter in systematischer Weise jährlich eine Nichtausschüttung der Gewinne bestimmten, wurden von den Gerichten als missbräuchlich eingestuft.
Darüber hinaus existiert in Spanien seit dem Jahre 2011 eine Vorschrift, durch die den Gesellschaftern nicht börsennotierter Kapitalgesellschaften ab dem fünften Geschäftsjahr seit der Gesellschaftsgründung das Recht eingeräumt wird, aus der Gesellschaft auszutreten und den Wert ihrer Beteiligung ausbezahlt zu bekommen, sofern die Gesellschaft nicht die Ausschüttung von mindestens einem Drittel der ausschüttungsfähigen Gewinne beschlossen hat. Bislang wurde die Wirksamkeit dieser Vorschrift seit deren Verabschiedung regelmäßig ausgesetzt. Seit dem 1. Januar dieses Jahres wurde diese Aussetzung jedoch nicht verlängert. Dies könnte zu Konflikten in kleinen und mittleren Unternehmen führen, da die Minderheitsgesellschafter durch das Austrittsrecht eine Gewinnausschüttung erzwingen könnten.