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Abgrenzung Garantiezusage und Freistellungsklausel im Unternehmenskaufvertrag

30/09/2022
| Florian Roetzer
Abgrenzung Garantiezusage und Freistellungsklausel im Unternehmenskaufvertrag

Die Garantiezusage und die Freistellungsklausel im Unternehmenskaufvertrag sind die maßgeblichen Regelungsinstrumente, um eine ausgewogene Risikoallokation zwischen der Verkäufer- und Käuferseite zu erlangen. Typischerweise wird in der Transaktionspraxis die Reichweite der Verkäuferhaftung in erster Linie mittels dieser beiden Vertragselemente abgesteckt. Oftmals spricht man in diesem Zusammenhang von der Schaffung einer „sachgerechten“ Risikoverteilung. Ob solche Risiken zwischen den Transaktionsparteien tatsächlich sachgerecht verteilt werden können oder nicht, hängt maßgeblich von ihrer jeweiligen Verhandlungsmacht ab.

Garantiezusagen sind vertraglich als selbstständige Garantieversprechen im Sinne einer verschuldensunabhängigen Haftung des Verkäufers ausgestaltet. Sie dienen dazu, diejenigen Beschaffenheitsmerkmale des Zielunternehmens zu beschreiben und festzulegen, für deren Vorliegen zu einem bestimmten Zeitpunkt der Verkäufer einzustehen hat. Aus Sicht des Käufers dienen selbstständige Garantien dazu, die wesentlichen, für seine Bewertung des Unternehmens relevanten Umstände wertmäßig abzusichern. Regelmäßig beziehen sich selbstständige Garantien auf Beschaffenheitsmerkmale, deren Nichtvorhandensein als abstraktes Risiko für eine Wertminderung angesehen wird. Sie dienen also der Absicherung gegen unbekannte Risiken aus der Vergangenheit. Soweit konkrete Anhaltspunkte für oder gesicherte Erkenntnisse über eine Risikorealisierung gegeben sind, werden die zugrunde liegenden Sachverhalte typischerweise durch Offenlegung gegenüber dem Käufer aus dem Tatbestand der jeweiligen Garantie ausgenommen und in Abhängigkeit von ihrer unternehmerischen und wirtschaftlichen Bedeutung zum Gegenstand einer Freistellung gemacht.

Im Falle der Verletzung einer Garantiezusage hat der Käufer Anspruch auf Herstellung des Zustandes, der ohne die Garantieverletzung bestünde (sog. Naturalrestitution). Ist eine Naturalrestitution nicht möglich oder bleibt diese innerhalb einer bestimmten Frist aus, steht dem Käufer ein Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer zu. Dieser wird in der Regel einer Beschränkung in der Höhe unterliegen.

In Abgrenzung hiervon dienen Freistellungen im Unternehmenskaufvertrag dazu, bekannte oder doch wenigstens vermutete Sachverhalte festzuschreiben, mit denen konkrete Risiken und Nachteile für das Unternehmen oder den Käufer verbunden sind, zu deren Ausgleich der Verkäufer vertraglich verpflichtet sein soll. Es geht also um eine Absicherung des Käufers gegen Risiken, die dem Grunde nach bekannt sind, deren Realisierung und Ausmaß aber unbekannt sind. Auch das Rechtsinstrument der Freistellungen stellt eine verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers dar.

Die im Rahmen einer Freistellung vom Verkäufer auszugleichenden Nachteile können Zahlungsverpflichtungen des Zielunternehmens oder kostenträchtige Handlungen im operativen Betrieb umfassen. Freistellungen finden sich typischerweise auch als Instrument der Zuordnung von Steuer- oder Umweltrisiken oder von Risiken aus außergewöhnlichen Sachverhalten im konkreten Einzelfall (wie laufende, umfangreiche Rechtsstreitigkeiten).

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